„Widerspruchslösung braucht neuen Anlauf“

30. Juli 2024

Connemann und Backer werben für die Organspende

OSTFRIESLAND/EMSLAND – Rund 8.500 Menschen warten in Deutschland zurzeit auf eine lebenswichtige Organspende. Viele von ihnen vergeblich. Denn im vergangenen Jahr haben nur 965 Menschen ein oder mehrere Organe gespendet. Wer eine neue Leber, Niere, Lunge oder Herz braucht, wartet in Deutschland zwei, acht bis zehn, ein bis zwei, oder ein halbes bis zwei Jahre und damit sehr viel länger als in anderen europäischen Ländern.

Während in Deutschland auf eine Million Menschen etwa 10,3 Spenderinnen und Spender kommen, sind es nämlich in Frankreich, Italien oder Österreich rund doppelt, in Spanien sogar rund viermal so viele. In diesen Ländern gilt die sogenannte Widerspruchslösung. Danach ist jeder Mensch, der an einem Hirntod stirbt, automatisch Organspender, es sei denn, er widerspricht zu Lebzeiten. Dabei ist die grundsätzliche Spendenbereitschaft auch in Deutschland gegeben. 84 Prozent der Menschen erklären in Umfragen, ihre Organe spenden zu wollen. Aber nur ein kleiner Teil hat einen Organspendeausweis, trägt ein Tattoo der Jungen Helden oder ist in dem neuen Organspenderegister eingetragen. Aber in Deutschland muss das Einverständnis zur Organspende dokumentiert sein.

Die Möglichkeit wäre gegeben. Denn in Deutschland werden jährlich Millionen Spenderausweise verteilt. Wie zum Beispiel von Barbara Backer und ihren Mitstreitern des Vereins Organtransplantierte Ostfriesland e.V.: „Viele Ausweise landen in der Schublade und werden nie ausgefüllt werden.“ Dabei dürfen Organe nur entnommen werden, wenn der Spender aktiv zugestimmt hat oder Angehörige dies nach ihrem Tod tun.

Die Schirmherrin des Vereins Organtransplantierte Ostfriesland e.V. Gitta Connemann warnt: „Häufig wissen die Angehörigen nicht, ob die Verstorbenen ihre Organe spenden wollten. Und entscheiden sich in der Ausnahmesituation der Todesnachricht mit einem Nein.“

Deshalb setzen sich Backer und Connemann dafür ein, dass diese „Widerspruchslösung“ auch in Deutschland gilt. 2020 gab es dafür im Deutschen Bundestag keine Mehrheit. Beide sind sich einig: „Wir brauchen einen neuen Anlauf. Denn wir brauchen die Widerspruchslösung – besser heute als morgen.“ Für Connemann geht es am Ende um eine Frage. „Darf der Staat von seinen Bürgern eine Entscheidung für bzw. gegen eine Organspende verlangen? Ja oder Nein. Meine Antwort ist klar: Das ist zumutbar. Denn hier geht es um Leben und Tod. Jede Organspende rettet Leben.“

Barbara Backer bittet, sich breit zu informieren: „Bei Patientenverfügungen werden häufig automatische Vordrucke verschickt und benutzt. Diese bringen aber nichts, wenn man sich nicht informiert. So enthalten die Vordrucke oft bedenkliche Inhalte. Zum Beispiel, dass Sauerstoff oder Intensivmedizin abgelehnt wird, die Organspende überhaupt nicht besprochen wird oder auf den Wunsch der Organspende nicht eingegangen wird. Bei dem Wunsch nach Organspende und eingetretenem Hirntod, darf der Sauerstoff nicht abgestellt werden. Es wäre eine Katastrophe für die mögliche Organspende und würde sie verhindern. Der Sauerstoff muss eingeschaltet bleiben, damit die Organe in ihrer Funktion künstlich erhalten werden können. Ich bitte darum: Jeder, der eine Patientenverfügung verfassen möchte, sollte sich auch medizinisch beraten lassen und seinen Wunsch bezüglich der Organspende beachten.“

Text/Foto: Sebastian Werl

Gitta Connemann und Barbara Backer

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