Abitur unter Corona-Bedingungen
18. Juni 2021Sögel – In Sögel haben am 19.04.2021 – wie in allen Gymnasien Niedersachsens – die Abiturprüfungen unter Corona-Bedingungen begonnen. Im letzten Jahr fand wegen der Umstellung von G8 auf G9 kein Abitur statt, sodass diese Reifeprüfung die erste unter Pandemie-Konditionen am Hümmling-Gymnasium ist.
Diese einschränkenden Bedingungen haben die angehenden Abiturienten wie alle anderen Schülerinnen und Schüler auch natürlich schon das ganze letzte Schuljahr begleitet, da auch sie von den Schulschließungen, den holpernden Anfängen des Distanzlernens sowie des Wechselunterrichts betroffen waren. Im letzten Halbjahr waren sie sogar überwiegend die einzigen Schüler in einem ansonsten leeren Schulgebäude – eine zum Teil gespenstische Situation.
Die Bekämpfung der Pandemie nimmt Einfluss auf alle Lebensbereiche und verlangt allen psychisch und physisch viel ab – eben auch allen an Schule Beteiligten. So sind zum Beispiel unsere Abschlussschülerinnen und -schüler – hier exemplarisch für Kinder und Jugendliche in ähnlichen Situationen aufgeführt – nicht zu beneiden, nicht nur wegen der besonderen Bedingungen bei den Prüfungen, sondern auch wegen des „verlorenen“ Jahres Jugend: kein Jahr voller Vorfreude, gespickt mit Partys, die den Abi-Ball finanzieren sollen, keine Mottowoche mit Mitschülerinnen und Mitschülern, die begeistert den verkleideten „Großen“ nachschauen und davon träumen, in einigen Jahren selbst so für Stimmung in der Schule zu sorgen, keine Vorbereitung auf Klausuren in Teams, sondern allein zu Hause vor dem Computer usw.
Auch die Aussichten im Hinblick auf die Feierlichkeiten zum Abschluss lassen vermuten, dass die gemeinsame Zeit als Schulgemeinschaft – 13 Jahre ab der Einschulung oder neun ab dem Übergang zum Gymnasium – nicht in gebührender Weise beendet werden kann: keine Feierstunde mit Orchester und großem Rahmenprogramm, kein Abi-Ball, der bis in die frühen Morgenstunden reicht, und vermutlich auch kein Abi-Urlaub.
All diese vermeintlichen Nebenschauplätze sind von hoher Relevanz, denn sie läuten eine neue Lebensphase ein und bereiten den Abschied von Altvertrautem vor: dem sicheren Umfeld Schule, den bekannten Gesichtern der Lehrerschaft und der Verwaltung, den zu Freundinnen und Freunden gewordenen Mitschülerinnen und Mitschülern und häufig auch dem sicheren und heimeligen Elternhaus. Das Ende der Schulzeit und der Eintritt in einen neuen Lebensabschnitt können nicht nachträglich gewürdigt werden; diese Tür ist mit dem Erhalt des Reifezeugnisses zugefallen.
Auch die Organisation rund um Abschlussprüfungen erfordert in der derzeitigen Situation einen anderen, nie dagewesenen Aufwand. Am Hümmling-Gymnasium werden die schriftlichen Klausuren in diesem besonderen Jahr überwiegend in der Turnhalle geschrieben, also außerhalb des gewohnten Umfeldes, dem Schulgebäude; das erfordert Logistik ungewöhnlichen Ausmaßes von der Bereitstellung des Mobiliars und Arbeitsmaterials, über die Gewährleistung der Akustik für Hörverstehensaufgaben bis hin zur Verteilung der Kursteilnehmerinnen und –teilnehmer auf die über hundert Tische: Jeder angehende Abiturient ist am Ende des vierten Kurshalbjahres darüber informiert worden, auf welchem Platz er an welchem Prüfungstag sitzen wird; jede Lehrkraft weiß entsprechend, wann sie wen auf welchem Platz vorfinden wird.
Ermöglicht wurden viele vorbereitende organisatorische Maßnahmen auch durch außerschulische Partner: So sperrte der Landkreis dankenswerter Weise die Sporthalle während der Prüfungszeit für andere Nutzer, sodass auch ein möglicherweise stattfindender Wechsel des Schulszenarios von C auf B keine Auswirkungen auf die Prüfungssituation haben wird. Auch die Stadt Meppen stellte dem Hümmling-Gymnasium zuvorkommend Trainingsmöglichkeiten in der Schwimmhalle zur Verfügung, sodass im Vorfeld der sportpraktischen Abiturprüfungen von den betroffenen Schülern überhaupt trainiert werden konnte und auch die Prüfungen selbst durchgeführt werden können.
Das Zusammenwirken aller ist darauf ausgerichtet, den Einfluss der Pandemie auf die Prüfungsphase bei Einhaltung aller Sicherheitsaspekte so gering wie möglich zu halten und die Prüfungen so normal wie möglich durchführen zu können. Obwohl vieles der Pandemie zum Opfer fiel, nährt diese Bereitschaft aller, den Prüflingen im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten unterstützend zur Seite zu stehen, die Hoffnung, dass den jungen Erwachsenen durch das Zusammenspiel aller Kräfte eine aussichtsreiche Zukunft ermöglicht werden kann.
Vielleicht lässt das irgendwann auch die vielen verpassten Aktivitäten des letzten Jahres vergessen und gespannt, mit Neugier und bei guter Gesundheit den neuen Lebensabschnitt in Angriff nehmen.
Text/Foto: Johanna Pieper-Fiegert