Johann Bernhard Hensen, Theodor Heinrich Hinrichs und die Sögeler St. Jakobuskirche
4. Juni 2020Sögel – Am 20. März 1898 erteilte der Bischof dem Sögeler Kirchenvorstand die von diesem beantragte Genehmigung:
„In Erwiderung auf die Eingabe vom 14./15. des Monats will ich hiedurch die Ausführung der hieneben wieder angeschlossenen Entwürfe des Malers H. Hinrichs zu Leipzig für die Dekoration der dortigen Pfarrkirche hiedurch genehmigen, indem ich voraussetze, daß die entstehenden Kosten durch freiwillige Beiträge aufgebracht werden.
Der Bischof
+Bernard (Höting)“
Offensichtlich zieht sich der Beginn der Arbeiten wegen der internen Konflikte in Sögel noch einige Monate hin, denn erst im September 1898 regelte ein detaillierter Vertrag die Ausführung der Ausmalung:
„Zwischen dem Pfarrer W(erner) Fiedeldey in Sögel einerseits und den beiden Dekorationsmalern Herrn H. Hinrichs aus Leipzig (Firma Kohnle und Hinrichs) und Herrn Theodor Steinbild in Sögel andrerseits ist heute folgender Vertrag gemacht worden.
1. Der Pfarrer W. Fiedeldey will die Pfarrkirche in Sögel auf Grundlage des vom Herrn Hinrichs verfertigten Entwurfs im Inneren dekorieren lassen. Er behält sich das Recht vor, während der Ausführung zu bestimmen, wie ein anderer Farbenton, als wie er im Entwurf ist, genommen und wie Dekorations-Füllungen, welche im Entwurf nicht vorgesehen sind, angebracht werden sollen.
2. Diese Dekoration übergiebt er den beiden oben genannten Herrn, welche sie annehmen und sich verpflichten, dieselbe, soweit es möglich ist, in ununterbrochener Arbeit gemeinsam auszuführen. Herr Hinrichs hat jedoch die Oberleitung des ganzen Werks. Die Gehülfen arbeiten unter der Leitung der beiden Meister.
3. Über die Arbeitszeit sowohl der Meister als der Gehülfen wird genau Buch geführt und zwar von ihnen selbst.
4. Die zur Arbeit erforderlichen Materialien, wie Pinsel, Farben etc. werden von den beiden Herrn Annehmern gemeinsam geliefert und vom Herrn Hinrichs besorgt.
5. Für die Vollendung des Werks zahlt der Pfarrer W. Fiedeldey acht tausend (8000) Mark. Von dieser Summe fallen dem Herrn Hinrichs für seine Oberleitung und größere Verantwortung 10% und für die Zeichnung 5% zu, das ist die Summe von zwölfhundert (1200) Mark.
Was dann nach Abzug des ganzen Gehülfenlohnes und der für die Materialien gemachten Auslagen übrig ist, gehört den beiden Meistern. Diese theilen sich darin nach der Anzahl der Tage, die sie an dem Werke gearbeitet haben.
6. Die Verantwortung für die Sicherheit des Gerüsts sowie die Haftbarkeit für etwaige Unglücksfälle der Gehülfen übernehmen die beiden Meister Hinrichs und Steinbild.
Sögel 13. September 1898
W. Fiedeldey Pfarrer
Heinrich Hinrichs
Theodor Steinbild
Die Farbgebung in der Ausmalung der Kirche lässt sich anhand der vorhandenen Schwarz-Weiß-Bilder nur erahnen. Gleichwohl zeigt die verschwenderische Ornamentik an den Wänden, den Pfeilern, den Gewölben und im Chorraum, die Elemente des Jugendstils erkennen lassen, den Gestaltungswillen des jungen Künstlers.
Unklar bleibt in den vorhandenen Quellen, wie lange die Arbeiten dauerten. Zu vermuten ist, dass sie wohl im Jahr 1899 abgeschlossen wurden.
Hinrichs hat in den dreißiger Jahren noch eine weitere Kirche in unmittelbarer Nachbarschaft von Sögel ausgemalt: die als „Dom des Hümmlings“ bezeichnete Kirche zu (Alt-)Wahn.
In der Broschüre „Wahn, use olde Heimat“ heißt es: „Die Ausmalung wurde dem aus Sögel stammenden Kirchenmaler Heinrich Hinrichs aus Leipzig nach dem vorgelegten Kostenanschlage für die Gesamtsumme von 5750 Mark übertragen. Dieser bewies große Erfahrung und starkes Einfühlen in die so verschiedenartigen Lichtwirkungen, so dass er ein Werk vollbrachte, das den Meister ehrt.“
Text: Eckhard Bredohl
Foto: Schwarz-Weiß-Bilder: Archiv der Gemeinde Sögel
Originale des Briefwechsels Hinrichs – Fiedeldey, Höting – Kirchenvorstand und Vertrag Fiedeldey – Hinrichs – Steinbild im Archiv der Gemeinde Sögel