Bunter Erntedankfestumzug in Werpeloh

2. November 2018

Werpeloh – Laut und bunt wurde es beim Erntedankfestumzug in Werpeloh. Die vielen Jugendlichen präsentierten ihre eigens in der vorausgegangenen Woche gebauten Erntewagen und sangen lautstark ihre Parolen.
In der Erntedankfestwoche herrscht in Werpeloh Ausnahmezustand: Nach der Schule oder nach der Arbeit springen alle in ihre Arbeitsklamotten und ziehen los, um beim Wagenbau zu helfen. Manche nehmen sich für diesen Event sogar extra Urlaub. Alles, damit der Wagen am Sonntag pünktlich um 13 Uhr zur Begutachtung für die Jury und Schaulustige „Unterm Brink“ bereitsteht. Zwischen den sogenannten Ortsteilen, den „Hauks“, „Sudhauk“, „Stadtger“, „Riegen“ und „An der Wende“ herrscht in der Erntedankfestwoche ein Konkurrenzkampf. Die Jugendlichen der jeweiligen Ortsabschnitte kommen zusammen, um einen Erntewagen zu einem bestimmten Thema zu bauen. Der schönste Wagen wird nach dem Umzug prämiert.
Bereits am Samstagabend weihte die Gemeinde das Erntedankfest mit einem Gottesdienst durch Pfarrer Bernhard Horstmann und den daran anschließenden Ernteball ein. Am Sonntag folgte nach der Andacht mit Diakon Michael Musolf der Festumzug. Anwesend war auch Hermann Hermeling, Vizepräsident der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. „Es ist beeindruckend mitzuerleben, was die Werpeloher hier „auf die Beine“ – oder besser – „auf die Räder“ stellen. Eine ganze Woche haben sie der Wertschätzung für Lebensmittel gewidmet“, begrüßte Hermeling alle Anwesenden. Er bedankte sich bei allen Menschen des ländlichen Raumes, die seinen Worten nach alle ihren Beitrag zum Ernteerfolg leisteten. „Ein wenig Geduld bei der Fahrt hinter einem Erntefahrzeug auf der Landstraße, etwas Toleranz bei „Güllegeruch“ während der Wachstumsphase oder ein anerkennendes Gespräch mit Landwirtinnen und Landwirten in der Nachbarschaft sind alles Verhaltensweisen, die zum Gelingen einer guten Ernte beitragen“, so Hermeling.

Er habe oft den Eindruck, dass in der heutigen Gesellschaft der Bezug zum Nächsten und zur Herstellung von Lebensmitteln verloren gegangen sei. „Ich fände es schön, wenn wir in Deutschland neben Event-Kochen und Fast-Food in Sachen Ernährung auch öfter mal den Mittelweg gehen würden“, appellierte Hermeling. Das Erntedankfest sei dazu da, den Ursprung der Lebensmittel wieder in das Bewusstsein der Menschen zurückzurufen. Dass eine üppige Ernte nicht immer selbstverständlich sei, belegte er an den Ergebnissen der diesjährigen Ernte. „Niedersachsenweit bezifferte Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast die Getreide-Erntemenge auf 4,7 Millionen Tonnen. Das sind 22 Prozent weniger als 2017 und damit die schlechteste Getreideernte seit 1976“, führte Hermeling weiter aus. Kartoffeln und Mais hätten im Emsland bereits im Juli massive Trockenschäden gezeigt und auch auf dem Grünland seien vermehrt flächige Vertrocknungen aufgetreten. Die derzeit laufende Kartoffelernte bringe überwiegend kleine Knollensortierungen und jede Menge Erdklumpen, die zu einem stark erhöhten Sortieraufwand führten. „Aber auch unsere Nutztiere sind für die gesamte Region von überragender wirtschaftlicher und kultureller Bedeutung. Aus diesem Grunde sprechen wir zum Erntedankfest auch unseren Schweine-, Geflügel-, Rinder-, Schaf- und wildhaltenden Betrieben einen Dank aus.“ Allerdings sei Hermeling besorgt um einen Teil dieser tierischen Erzeugung. „Wir beobachten seit Längerem die Afrikanische Schweinepest, die bis zuletzt immer weiter westwärts zu uns herangewandert ist und vor gut zwei Wochen plötzlich bei Wildschweinen in Belgien auftrat“, sagte Hermeling. Die Tierseuche sei für den Menschen völlig ungefährlich, für die Schweine jedoch tödlich. Sie wird durch Wildschweine übertragen. „Ein Auftreten im Emsland würde zu großflächigen, seuchenrechtlichen Restriktionszonen in betroffenen Gebieten führen und schweinehaltende Betriebe zusätzlich durch schwerwiegende, internationale Vermarktungsbeschränkungen treffen.“ Präventionsmaßnahmen würden jedoch bereits im Hintergrund laufen.
„In der Erntedankfestwoche spürt man immer besonders, wie groß der Zusammenhalt der Gemeinde ist“, freute sich Johanna Waurich, Vorsitzende der Landjugend. Sie betonte, dass beim Erntedankfest nicht nur für die Feldfrüchteernte gedankt werden solle, sondern auch für Vielfalt und Einzigartigkeit sowie für Hilfsbereitschaft und Unterstützung jedes Einzelnen. Diese These unterstützte auch Bürgermeister Johann Geerswilken. „Das Erntedankfest ist nicht von einer guten oder schlechten Ernte abhängig, es gibt immer etwas zu danken.“ Er bedankte sich bei allen, die das Fest organisiert und mitgestaltet haben. „In Werpeloh herrscht eine tolle Gemeinschaft. Es freut mich außerordentlich, dass unsere Jugendlichen diese Tradition übernommen haben“, so Geerswilken.
Im Anschluss an die Andacht entsandte Musolf die Jugendlichen und die „Oldies“ mit ihren Wagen in den Umzug. Währenddessen gab es im Festzelt Kaffee und Kuchen. Außerdem fand eine Tombola statt. Für die musikalische Untermalung sorgte der Musikverein Werpeloh.
Nach dem Umzug folgte die Siegerehrung mit anschließendem „Tanz unter der Erntekrone“. Den ersten Platz belegte der „Sudhauk“ mit seinem Bauernhof-Wagen. Den zweiten Platz erlangte der Hauk „Riegen“ mit seinem Pilzernte-Wagen. Dritter wurde der Hauk „Stadtger“ mit seinem Vier-Hauk-Wagen und der vierte Platz ging an den Jagdhochsitz-Wagen des Hauks „An der Wende“.

Text/Foto: Marina Heller

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