Bibel und Wein
3. November 2018Sögel: Unter dem Titel „Bibel und Wein“ trafen sich zum zweiten Mal auf Einladung von Pater Edmund hochrangige Gäste im Klostergarten Clemenswerth. An diesem Spätsommertag war Annette Schavan zu Gast. Schavan trat damit in die „Fußstapfen“ der jetzigen Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner, die im vergangenen Jahr Pater Edmund Rede und Antwort stand. Als Moderatorin und Gesprächspartnerin führte Bundestagsabgeordnete Gitta Connemann vor mehr als 120 Gästen in die Themenblöcke ein, die jeweils mit ausgesuchten Weinen von Walter Deitermann eröffnet bzw. begleitet wurden.
Schon die Umgebung mit Vogelgezwitscher, Apfelbäumen und dem Gloriettchen gab der Veranstaltung ihren besonderen Charme. Selbst Schavan, die als Botschafterin von Juli 2014 bis Ende Juni 2018 deutsche Botschafterin beim Heiligen Stuhl in Rom viele schöne Kleinodien gesehen hatte, zeigte sich begeistert.
Connemann scheute sich nicht davor, sensible Themen wie die Missbrauchsfälle in der Kirche anzusprechen. Schavan fand dazu deutliche Worte: „Wir reden hier nicht nur von sexualisiertem Missbrauch, sondern auch von Machtmissbrauch und Vertrauensmissbrauch.“ Alles habe die Gläubigen erschüttert. „Um Vertrauen wiederzugewinnen, müssen große Anstrengungen erfolgen!“, mahnte Schavan. Es darf nicht mehr heißen: Wie schütze ich die Kirche? Sondern: Wie schütze ich die Opfer?“ Auch Pater Edmund mahnte: „Wir müssen offen damit umgehen!“
In einem weiteren Themenblock fragte Connemann, wie Schavan den Unterschied zwischen der Arbeit als Bundesbildungsministerin (2005-2013) und der Arbeit in Rom wahrgenommen habe. „Egal ob Berlin oder Rom, ich treffe immer häufiger auf Menschen, die zu Individualismus neigen. Damit ist aber kein Staat zu halten. Wenn wir Politik nicht mehr als Teamspiel ansehen, sondern nur noch die eigenen Interessen in den Vordergrund stellen, scheitern wir.“ Es sei wichtig, aufeinander zuzugehen und von dem Gedanken getragen zu sein, wie man dieses Gemeinwesen der nächsten Generation übergeben möchte. „Das sollte überall die wichtigste Frage sein!“ Dazu gehöre es auch, dass eine gewisse Lebenserfahrung von Nöten sei, wenn man in der Politik oder in der Kirche an verantwortlicher Stelle sitze, fügte Schavan hinzu. „Eine solide Grundlage führt dazu, sachliche Entscheidungen treffen zu können.“ Ein Berufs- und Familienleben mache die Menschen erst sensibel für die richtigen politischen Entscheidungen. Schavan verhehlte auch nicht, dass sie sich wünsche, dass Frauen in der Kirche eine gleichrangige Stellung einnehmen sollten.
Pater Edmund war ebenso davon überzeugt, dass es notwendig sei, in der Kirche neue Wege zu beschreiten. „Wir müssen raus und uns neue Sichtweisen eröffnen.“ Er zeigte sich dankbar, dass in anderen Ländern der katholische Glaube tief verankert sei. „Wenn wir beispielsweise Indonesien auch wirtschaftlich überlegen sind, so sind wir im Glauben die Schwächeren.“
Text: Ingrid Cloppenburg / Foto: Kapuzinerkloster Clemenswerth