Vom Ende der Welt in die Atacama Wüste
27. Mai 2018Ushuaia, die Hauptstadt des argentinischen Teils der Insel Feuerland, schmückt sich selbst mit Fin del Mundo (Ende der Welt). Da auf Feuerland auch im Südsommer das Wetter jeden Tag mehrfach wechselt von Sonnenschein über Regensturm bis zu Schneeschauern, kleidet man sich warm und wasserfest. So kann man durch das Pionierstädtchen schlendern. Die Umgebung ist bergig, erstaunlich grün und dicht bewaldet. Malerische Buchten lassen einen die kalten Winde in Kauf nehmen. Ein besonderes Erlebnis für Leute, die nicht so leicht seekrank werden, bildet eine Bootsfahrt auf dem Beaglekanal.
Er ist gesäumt von rauen Felsen, auf denen Seevögel nisten und Seelöwen sich räkeln.
Will man nach Chile, fliegt man am besten nach Calafate auf dem argentinischen Festland. Für die halsbrecherisch stürmische Landung entschädigt ein wunderbarer Blick auf den Lago (See) Argentino, aber nur aus dem Hotel, da man draußen von den Beinen geweht würde. Eine noch größere Attraktion ist der Perito Moreno, ein riesiger Gletscher, der ständig von seiner gewaltigen Abbruchkante Eisbrocken und Eisberge in den See kalbt. – Die Zahl der Sehenswürdigkeit setzt sich fort.
Durch die patagonische Pampa mit weit mehr Schafen als Menschen gelangt man zum Nationalpark Torres (Türme) del Paine in Chile. Die drei namensgebenden spitzen Berge erblickt man schon aus der Ferne – am malerischsten mit Lamas im Vordergrund. Auch hier hat’s der Sturm in sich. Er legt sich auf dem Weg nach Süden zur Stadt Puntas Arenas an der Magellan Straße. Unterwegs kann man in einer Höhle die Nachbildung eines Riesenfaultiers (Milodón) von über 3 m Höhe besichtigen, dessen Reste dort gefunden wurden. Die Stadt Puntas Arenas wirkt europäisch mit Patrizierbauten wie aus der deutschen Gründerzeit. Etwas außerhalb lässt sich der Nachbau eines der Schiffe des ersten Weltumseglers Magellan besichtigen. Das Schiff, die Victoria, hat als einziges von fünf Spanien wieder erreicht – allerdings ohne Magellan. Er wurde auf den Philippinen getötet.
Chile ist eingeklemmt zwischen Pazifik und Anden ziemlich schmal, aber unglaublich lang (über 4300 km). Die gleiche Ausdehnung reicht von Sögel bis zum Südrand der Sahara. Das bedeutet, wer in Chile reist, muss entweder viel Zeit haben oder fliegen. Von Puntas bis Puerto Mont in der sog.. chilenischen Schweiz fliegt man ca. 1,5 Stunden. Das Klima hier ist mild, die Landschaft lieblich mit großen Seen, die von schneebekrönten Vulkanen umrahmt werden.
Den nächsten Stopp bildet der bereits subtropische Tagungsort des chilenischen Parlaments, die Küstenstadt Valparaiso. Von der Landseite wird sie von Vulkanen bedroht, von der Seeseite von Tsunamis. Dennoch schäumt die Stadt über von Leben: ein großer Hafen, Villen, Künstlerviertel, repräsentative Bauten, gute Restaurants, eine quietschende Standseilbahn, aber auch Blech- und Holzhütten, die sich einen Hang hochziehen. Nicht weit entfernt trifft man auf den Renommierbadeort Vina del Mar. Er mutete den Verfasser ebenso verunglückt an wie Benidorm. Da lohnt es sich eher, eines der vielen Weingüter aufzusuchen und dort gute Tropfen zu probieren.
Die Hauptstadt Santiago erstreckt sich weit in ein Tal hinein. Sehenswert sind einige Kirchen, der Präsidentenpalast La Moneda, also die frühere spanische Münze, und die Plaza de Armas. Immer wieder wölbt sich über Santiago eine Dunstglocke, sodass man vom Hausberg, dem Cerro San Christobal, nur einen verschwommenen Blick über die Stadt hat.
Ein Kontrastprogramm zu der riesigen Häuser- und Straßenansammlung stellt San Pedro de Atacama ca. eine Flugstunde nördlich dar. Der Ort hat seinen dörflichen Charakter bewahrt, da er in völliger Ödnis liegt. Dennoch verfügt er über eine kleine Universität, ein Völkerkundemuseum und eine interessante Kirche, hat jedoch seine Hauptanziehungskraft, weil er ein Tor in die gleichnamige Wüste bildet.
Die Atacama erstreckt sich über 1200 km bis weit nach Peru hinein. Angeblich fallen in ihr nur 5% der Regenmenge des Tals des Todes in den USA. Auch die Atacama birgt ein Tal des Todes. In ihm verdursteten früher Lamakarawanen aus Bolivien. Schon die Trostlosigkeit der Umgebung lässt den Betrachter erschauern, trotz Wasserflasche in der Hand. In einiger Entfernung sind ausgedehnte, von Wasser unterspülte Salzkrusten Zeugen eines alten Salzsees. Weder die Höhe von 2300 m, noch die ätzende Brühe schreckt Flamingos davon ab, in den Tümpeln nach Futter zu suchen.
Die bekannteste Attraktion der Atacama findet sich in knapp 4300 m Höhe. Um dorthin zu gelangen, heißt es, nachts zwischen drei und vier Uhr aufzustehen und sich mit mehreren Lagen dick anzuziehen. Auf halsbrecherischen Serpentinen erreicht man kurz vor der Morgendämmerung ein Geothermalfeld. Man entdeckt schemenhaft bis 20 m hohe Wasser- und Dampfsäulen. Bei Temperaturen von minus 15 bis minus 20 Grad wartet man sehnsüchtig auf den Sonnenaufgang. Die Sonnenwärme verschafft Wohlgefühl. Man entledigt sich einer Kleidungsschicht nach der anderen und kann nur mit einem Hemd bekleidet nicht glauben, dass man sich vor zwei bis drei Stunden warm gezittert hat. Man bestaunt die vielen Fontänen, bis man merkt, dass sie immer kleiner werden, um ganz zu verschwinden.
Dieses Phänomen hat eine einfache Erklärung. Während der eiskalten Nacht gefriert die Oberfläche. An einigen Stellen schmilzt das 86 Grad heiße Wasser Löcher in das Eis und schießt hindurch in den Himmel, um Überdruck abzubauen. Im Sommer versiegen die Geysire am späten Morgen, weil die Sonne das Eis früher schmelzen lässt, im Winter kann man das Schauspiel bis fast zum Mittag genießen.
Der nächste Artikel beschreibt ein kaum bekanntes Land, das nicht weit von Deutschland entfernt liegt.
Text/Fotos: : UM