Auf Spurensuche
31. Mai 2017Wie in der März-Ausgabge der IfS angekündigt, liebe Lesrinnen und Leser, wollen wir uns weiter auf den Weg machen, auf Spurensuche jüdischen Lebens in Sögel zu gehen.
Die Einweihung des Synagogendenkmals in der Straße „Am Pohlkamp“
In einer beeindruckenden Feierstunde am 06. November 1988 – 50 Jahre nach der Zerstörung – wurde auf dem ursprünglichen Standort ein Denkmal für die zerstörte Synagoge eingeweiht. Bürgermeister Wilhelm Masbaum betonte in seiner Ansprache: „Es ist richtig, sich an das wohl dunkelste Kapitel unserer Geschichte zu erinnern und ob der Schande Scham zu empfinden.
Es ist auch gut, der Toten in Trauer zu gedenken. Aber es ist auch notwendig, dass der Gedenkstein für uns zum Menetekel, zum Warnzeichen wird, damit wir nicht in Gleichgültigkeit verharren, wenn sich Anzeichen neuen Unrechts gegen Minderheiten bemerkbar machen sollte.“
Der Landesrabbiner Dr. Henry Brandt erinnerte in seiner Rede mit eindringlichen Worten an die Zerstörung der Synagoge in Sögel vor 50 Jahren. „Wo waren denn die Sögeler damals alle, warum das Schweigen?“, plädierte Brandt. Man könne akzeptieren, dass die Brandtrupps in der sogenannten „Reichskristallnacht“ von außerhalb gekommen seien, dass nicht Sögeler Bürger die Brandfackel gelegt hätten. Und doch: Sie seien in Schweigen verharrt. „Wo zwischenmenschliche Solidarität hätte zum Tragen kommen müssen, wandte man den Juden den Rücken zu!“ (…) Brandt sprach „den wenigen“ seine „Hochachtung“ aus, die „unter Einsatz ihres Lebens oder zumindest ihrer Karriere und ihres öffentlichen Ansehens“ Objekte aus der Synagoge gerettet haben und ihren jüdischen Mitbürgern mit der Menschlichkeit begegnet seien, die ihnen eigentlich zugestanden habe. Den Gedenkstein verstehe er als ein Mahnmal, das die Erinnerung an die jüdischen Menschen, „die hier geschunden und vertrieben worden sind“, wachhalten sollte. (Dieses Erinnern wird jährlich am Volkstrauertag mit einer kurzen Ansprache und einer Gedenkminute am Gedenkstein der zerstörten Synagoge wachgehalten.)
Der Stein mahne, voneinander zu lernen, denn „durch das Kennenlernen des anderen kann man Vorurteilen vorbeugen und ist vor Gehässigkeit gefeit“, so Brandt. (vgl. Ems-Zeitung vom 08. November 1988)
Gedenkfeier zum 70. Jahrestag der Reichspogromnacht
Es ist Anfang November 2008. In der Aula des Hümmling- Gymnasiums üben Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums und der Realschule Spielszenen, die sie selbst erarbeitet haben für die Gedenkveranstaltung „Sie waren unsere Nachbarn“ anlässlich des 70. Jahrestages der Reichspogromnacht am 9. November 1938.
„In kurzen Situationsaufnahmen wird der Leidensweg der Juden von 1933 bis zum Beginn des Holocaust dargestellt, angefangen bei Boykotten jüdischer Geschäfte, den Entlassungen jüdischer Beamte über die Pogrome, die brennenden Synagogen und die willkürlichen Verhaftungen bis hin zur Deportation ganzer Familien.“ (vgl. Ems-Zeitung vom 07. November 2008)
An die jüdischen Mitbürger von Sögel erinnerten Schülerinnen und Schüler der Bernhardschule in einem bewegenden Filmbeitrag: Schüler verlasen vor den ehemaligen Wohnungen die Namen der früheren jüdischen Bewohner und den Ort ihrer Ermordung in den verschiedenen Konzentrationslagern. Am Ende des Kurzfilms fährt das Objektiv der Kamera mit musikalischer Untermalung über die Namen der Gedenktafeln auf dem jüdischen Friedhof.
Ein eindringlicher Beitrag, der das Publikum in der Aula des Hümmling- Gymnasiums tief beeindruckte. Vor allem für die Jugendlichen selbst, die, wie so mancher Schüler äußerte, vor ihrer Arbeit wenig über unsere jüdischen Nachbarn in Sögel wussten. „Wir wussten eigentlich nur, dass es hier auch mal eine Synagoge gab, die niedergebrannt wurde.“, schilderte eine Schülerin. (Im Forum Sögel, Sigiltrastraße 10a sind dieser Filmbeitrag, weitere Fotos, Dokumente und Kartenausschnitte zum Thema „Jüdisches Leben in Sögel“ zu finden.
Eine vollständige Darstellung der „Spurensuche“ finden Sie in der Gemeindeverwaltung und im Forum Sögel e.V. zur Einsicht.
Text: HW /
Foto: UM