Kulturkreis Clemenswerth

16. April 2017

Jeder stirbt für sich allein

Sögel – Am 05.03. erwartete der Kulturkreis Clemenswerth alle Interessierten in der Aula des Hümmling Gymnasiums mit Hans Falladas „Jeder stirbt für sich allein.“ Der Roman basiert auf einer realen Geschichte und wurde von Fallada aus Gestapo- Akten rekonstruiert. Das Buch gilt als das erste Werk eines deutschen, nicht-emigrierten Schriftstellers über den Widerstand gegen den Nationalsozialismus.

Die Quangels sind fast 30 Jahre verheiratet, der Alltag miteinander wird mehr ertragen als gelebt, der einzige Lichtblick ist der gemeinsame Sohn. Als dieser im Frankreichfeldzug stirbt, rüttelt der Schock darüber die Eltern auf. „[…] Anna, wir werden den Krieg beenden!“ Otto Quangel (Peter Bause) ist ein schweigsamer Einzelgänger, nach der Machtergreifung Hitlers hat er sich mit der Situation arrangiert und versucht, einfach nicht aufzufallen. Da er nicht aus seiner Haut kann, beschließt er einen Widerstand auf ungewöhnliche Art: Postkarten gegen das Morden, Postkarten gegen den Heldentod und Postkarten gegen Hitlers Regime. Nicht aus politischem Ehrgeiz, sondern um andere aufzurütteln.
Seine Frau Anna (Helena Büttner) hilft begeistert mit „[…] Du, Otto, ich bin froh, dass wir das machen, sowas Großes!“ und lange Zeit geht alles gut, denn niemand verdächtigt das unauffällige Ehepaar. Die Polizei ermittelt unter Hochdruck, denn 267 Postkarten wurden abgegeben, gefunden in Treppenhäusern, Briefkästen oder auf Parkbänken. Ein Zufall bringt schließlich alles ans Licht und beide werden zum Tode verurteilt. Die Zeit während der Verhandlung, sowie die Zeit bis zur Vollstreckung hält beide nur die Hoffnung aufrecht, zusammen zu sterben und sich beim Ende nochmal zu sehen. Jedoch wird Otto ohne Anna hingerichtet, Anna stirbt durch einen Bombenangriff im Gefängnis.

Die Bühnenadaption von Volkmar Kamm berührt emotional, und das großartige Spiel von Bause und Büttner lässt die Thematik noch realer erscheinen, sodass man sich bisweilen beim Atemanhalten ertappt. Das Bühnenbild ist spartanisch gehalten und wenig beleuchtet, in der düsteren Atmosphäre werden neben der Haupthandlung auch verschiedene Schicksale von Nazis, Mitläufern, Denunzianten und Leidtragenden erzählt, wobei die Schauspieler hervorragend gecastet sind und ihre Rollen so perfekt verkörpern, dass man glaubt, sie würden nur für das Stück existieren. Absolut verdient daher der langanhaltende Schlussapplaus und ein großes Lob an den Kulturkreis, der sich von der Thematik nicht abschrecken ließ und mit der Wahl dieses Stückes dazu beitrug, aktuelle Probleme genauer zu hinterfragen.

Text: Felicitas Ehrhardt

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