Zwei erfolgreiche Aufführungen des Kulturkreises Clemenswerth
1. Januar 2017Die Abenteuer der Musikpiraten
Sögel – „Wir segeln übers Meer, Musik ist unsere Waffe, mit der wir überall
Freunde uns schaffen! Heyho,hohey wir sind Musikpiraten!“
Der Kulturkreis Clemenswerth wagte auch dieses Jahr etwas Neues, neben
dem klassischen Puppenspiel erwartete ein buntes Potpourri aus
klassischen Musikstücken die kleinen Besucher aus den Samtgemeinden
Werlte (u.a. dem Sixtus -Kindergarten), Sögel (u.a Sögeler
Familienzentrum, Spahnharrenstätte, Esterwegen) und Lathen (u.a
Kindergarten Lathen, Kindergarten Purzelbaum). Und der Plan ging auf: Das
hingerissene Publikum fieberte bei den Abenteuern um Locke atemlos mit und
jubelte nach jeder überstandenen Gefahr. Ein gelungener Auftakt des
Kinder- und Jugendtheaterspielplans!
Anders als herkömmliche Piraten, die säbelschwingend die Schiffe ihrer
Feinde kapern, kämpfen Musikpiraten mithilfe ihrer Instrumente gegen
jedes drohende Unheil, seien es wütende Prinzessinnen, Langeweile oder
die Ungeheuer der Tiefsee.
Dabei kommt ein ganzes Sammelsurium an Instrumenten zum Einsatz: Geige
und Cello, Flöte und Fagott und -nicht zu vergessen- das Schlagzeug. Locke
ist der Sohn des Kapitäns und möchte auch gerne ein Musikpirat sein,
allerdings ist sein Geigenspiel noch ausbaufähig. Als es ihm jedoch
gelingt, seinen Vater und den Rest der Mannschaft aus der Gefangenschaft
mithilfe der Musik seiner Geige zu befreien und er zudem noch ein
weiteres Crewmitglied, eine Prinzessin a.D., rekrutiert, kann man ihn
getrost als vollwertigen Piraten betrachten.
Kindern klassische Musik nahe zu bringen, ist kein leichtes Unterfangen.
Einerseits gibt es wenig jenseits von „Peter und der Wolf“, was exakt auf
Kinder zugeschnitten ist, andererseits hören die meisten Eltern selbst
keine klassischen Stücke, woher soll also das Interesse für Mozart,
Vivaldi oder gar Wagner kommen? Wenn dagegen eine Prinzessin auf einem
Delphin reitet und das Ganze von Wagners „Walkürenritt“ untermalt wird,
sieht die Sache schon anders aus! Bernd Linde schafft es, durch
Fingerspitzengefühl und hohen körperlichen Einsatz bei Kindern das
Interesse an Melodien und Instrumenten zu wecken. Dabei wirkt seine
Aufführung so entspannt und fröhlich, als hätte der Puppenspieler selbst
den größten Spaß an seiner Arbeit. Die Geschichte, wie auch die Figuren,
hat Linde selbst geschrieben bzw. geschnitzt, und wenn ihn das nicht schon
als Allroundtalent auszeichnet, dann sicherlich seine vielfältigen
Aufgaben auf der Bühne: Neben der Bewegung des Schiffes, führt er noch
die Figuren, bedient manuell Lichter, um den Fokus der Geschichte neu zu
setzen und haucht den Figuren nicht zuletzt Leben in Form von Stimme und
Charakter ein. Besonders beeindruckend ist seine Darstellung der Tiefsee,
selten hat die Zusammenstellung von Seifenblasen und Draht so
realistische Bilder einer Unterwasserwelt erzeugt. Dafür belohnt wurde er
mit gespannter Stille seitens des Publikums und herzlichem Applaus am
Ende des Stückes.
Das kleine Gespenst
„Es gibt Gespenster, die sind riesig, es gibt Gespenster, die sind klein.
Es gibt Gespenster, die sind böse, es gibt Gespenster, die sind es nicht.
Aber eines, das ist großartig und das kenne ich!“
Gerade in der Vorweihnachtszeit sind Aufführungen von Kinderbuchklassikern ein beliebtes Ziel von Kindergärten und Grundschulen, weshalb der Kulturkreis Clemenswerth in der ersten Dezemberwoche zu Ottfried Preußlers „Das kleine Gespenst“ einlud. Wie schon der Titel vermuten lässt, geht es um ein kleines Nachtgespenst, welches in der Burg des Städtchens Eulenberg lebt und sich nichts mehr wünscht, als die Stadt einmal bei Tageslicht zu sehen. Als die Turmuhr bei einer Reparatur versehentlich verstellt wird, geschieht es, die Geisterstunde findet statt um 12 Uhr Mitternacht um 12 Uhr Mittag statt, und das kleine Gespenst erfüllt sich seinen Wunsch und spaziert bei Tag durch das Städtchen. Dabei bleibt es nicht unbemerkt und stiftet viel Verwirrung. Nur mithilfe von Lisa und Robert, zweier Kinder aus der Stadt, gelingt es, aus dem Taggespenst wieder ein Nachtgespenst zu machen.
Die Burghofbühne Dinslaken gestaltete die Aufführung nah am Buch und sicherte sich damit die ungeteilte Aufmerksamkeit des Publikums. Mit nur sieben Darstellern schaffte es die Gruppe, alle erforderlichen Rollen zu besetzen. Julia Sylvester begeisterte in der Hauptrolle als sympathisches kleines Gespenst, welches sofort der Liebling sämtlicher 2.- 4. Klässler war. Für die Verwandlung vom weißen Nacht- zum schwarzen Taggespenst in einer kleinen Kiste gebührt ihr (oder dem behandelnden Orthopäden) besonderer Respekt. Marie Förster (Lisa, Fräulein Knisebein) bescherte mehr als nur einen Ohrwurm und ist in der Rolle der Sekretärin ein Volltreffer. Markus Penne (Polizist Schulze, Robert und Georg Kasimir) verstand es, jeder Rolle so viel Individualität zu verleihen, dass bis zum Ende nicht geklärt war, wer nun hinter der Maske des Polizisten steckte. Arno Kempf (Uhrmeister Zifferle, Bürgermeister, Thorsten T.) besetzte eher unbeliebte Charaktere, aber spätestens mit dem Ritt auf dem Steckenpferd als General Thorstensohn hatte er die Lacher auf seiner Seite. Patric Welzenbacher (Uhu Schuhu, Lehrer Thalbach, Lehrling Andre) kreierte mit Lehrer Thalbach ein herrliches Klischee, welches bei jedem die Erinnerung an mindestens einen Geschichtslehrer aufsteigen ließ. Julia Kempf übernahm als Fürstin Genoveva zwar vornehmlich nur ein lebendes Wandgemälde, hinter den Kulissen wirkte sie als Regieassistenz jedoch wesentlich an der gelungenen Inszenierung mit. Nicht zuletzt erwähnenswert ist Marko Neuen, der als Leiter und Untergebener der Ein-Mann-Armee nur durch eine Trommel unterstützt wurde, allerdings gab er souverän den Takt für die La-Ola-Welle vor, die fast perfekt gelang und das junge Publikum mit in die Aufführung einband. Aufgelockert wurde die kurzweilige Inszenierung durch Gesangseinlagen, deren Melodie sowie Text leicht ins Ohr gingen und zum Schluss begeistert mitgesungen wurden und als der letzte Vorhang gefallen war und sich Enttäuschung breit machte, gab es sogar noch eine kleine Zugabe. Die Meinung
des Publikums reichte von kompletter Begeisterung („Ich liebe Musik und die Geschichte ist so spannend!“) bis zu verhaltener Kritik („Ich mag es nicht, aber ich hasse es auch, wenn mir jemand was vorliest, ich lese lieber das Buch alleine.“) Bei so viel Anreiz wird der Eine oder Andere sicher noch einmal zur Geschichte greifen, oder sich das Buch zu Weihnachten wünschen, in jedem Fall hat der Kulturkreis Clemenswerth sowohl mit dem Stück als auch mit den Darstellern eine schöne Wahl getroffen.
Text: Felicitas Ehrhardt