Ehrenamtliche legen mit Sprachunterrichten Grundstein für eine Integration

1. August 2016

„Flüchtlingsarbeit professionell und geräuschlos“

Sögel – Vormittags um 10 Uhr sitzen 13 junge Männer aus Afghanistan im neun Quadratmeter großen Wohnzimmer des Hauses  in der Wahner Siedlung, ausgerüstet  mit Buch, Heft und Stift und warten gespannt auf den Deutschsprachunterricht. Ein 6-köpfiges Team, bestehend aus Michael Eckersley, Gisela Henze, Marliese und Michael Hevicke, Maria Lohmann und neuerdings auch Heribert Tolkmitt, wechselt sich seit nun schon fast einem halben Jahr täglich mit dem Sprachunterricht ab.

Ursprung war der erste Deutschkurs im Weißen Haus der Katholischen Erwachsenenbildung Sögel. Dort hat Michael Eckersley als Helfer den Unterricht unterstützt. Durch Zufall hat er dann die jungen Männer in der Wahner Siedlung kennengelernt und ist auf den Flüchtlingsbeauftragten der Samtgemeinde Sögel Johannes Brachem zugegangen, weil er ihnen gerne Deutschunterricht anbieten wollte. Zusammen mit der Katholischen Erwachsenenbildung konnte es dann gelingen: Aus den gespendeten Gehältern der Dozenten des ersten Kurses wurden die Lehrmittel besorgt und seitdem läuft der Kurs –  ehrenamtlich. Das Team berichtet von seinen guten Erfahrungen: „Die jungen Männer haben Spaß und sind sehr motiviert. Sie setzen sich abends immer noch einmal zusammen, um den Stoff des Tages zu wiederholen.“ Aus der Not wurde eine Tugend gemacht. Da die Schüler zu Beginn kein Fahrrad hatten und  außerhalb von Sögel wohnen, kamen die Lehrer zu ihnen. Das habe sich als sehr positiv herausgestellt, so Marliese Hevicke. „Es fehlt nie jemand grundlos beim Unterricht und alle sind überpünktlich!“ Eine besondere Schwierigkeit bestand darin, dass die Schüler – bis auf einen – das lateinische Alphabet von Grund auf noch erlernen mussten. Einige hatten in ihrem Heimatland sogar niemals eine Schule besucht. Mit großer Anstrengung und hoher Motivation haben fast alle inzwischen das Alphabet gelernt. Sie können einfache Texte erlesen und  sich sprachlich so äußern, dass sie sich im alltäglichen Leben zurechtfinden und jetzt schon anfangen, sich untereinander in Deutsch zu unterhalten.

Brachem dazu: „ Ohne das Engagement der Lehrer wäre es sehr schwierig, für einen vergleichbaren Unterricht zu sorgen. Solche Kurse sind viel mehr als nur Unterricht, sondern Beziehungsaufbau und gelebte Integration.“

Das Team selbst hat sehr viel Freude an dem Unterricht. „Die Schüler geben uns auch was zurück. Wir erleben hier Dankbarkeit, eine große Disziplin und Lernbereitschaft. Für uns ist der Unterricht eine persönliche Bereicherung“, so die Lehrer. Dennoch sind dem Team auch persönliche Grenzen gesetzt. „Jetzt –  nach 275 Unterrichtsstunden – machen wir erst einmal Sommerferien. Auch wenn unsere Schüler darüber traurig sind!“

In der Samtgemeinde Sögel sind nach Angaben von Bürgermeister Günter Wigbers mittlerweile über 90 Ehrenamtliche in der Flüchtlingsarbeit aktiv. Neben dem Erteilen von Sprachunterricht kümmern sich die Ehrenamtlichen um Hausaufgabenhilfe, um persönliche Betreuung von Familien oder sie begleiten die Neuankömmlinge zum Arzt oder zu den Terminen beim Bundesamt für Migration nach Bramsche. „Alles in allem läuft die Flüchtlingsarbeit dank der guten Koordination unserer hauptamtlichen Betreuer mittlerweile sehr professionell und vor allem geräuschlos.“ Ein ebenfalls tolles Team habe sich um Hermann Schmitz gebildet, der die Koordination der Flüchtlingsarbeit in Börger und hier speziell für die Bewohner des ehemaligen Jugendgästehauses übernommen habe. „Wir dürfen sehr dankbar sein für dieses Engagement. Unsere Ehrenamtlichen legen mit dem Sprachunterricht, aber auch mit den vielen anderen Diensten den Grundstein für eine gelingende Integration.“

Text/Foto: Ingrid Cloppenburg

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