Ikonenmalerei

6. Juni 2016

Kapuziner Franz Breer widmet sich auf Clemenswerth der Ikonenmalerei – Kunst der Ostkirche

Sögel – Dass in einer Werkstatt auf dem Schloss Clemenswerth Farben und Pinsel, Hölzer und Rahmen vorhanden sind, erscheint auf den ersten Blick nicht verwunderlich. Wenn dann aber Pater Franz  Materialien wie Eigelb und Goldstaub in eben dieser Werkstatt zeigt, hört man schon genauer hin. Denn er spricht dabei von den Geheimnissen der Kultbilder der Ostkirche. Pater Franz aus dem Kapuzinerkloster Clemenswerth ist ein leidenschaftlicher Ikonenmaler. Dieses war nicht immer so. Bevor der heute Vierundsechzigjährige 1985 in den Orden eintrat und zum Priester geweiht wurde, hatte er an der TU Berlin Maschinenbau studiert, Fachrichtung Feinwerktechnik/Biomedizinische Technik.  Also ein „Spätberufener“, der sich jetzt neben seinen Aufgaben als Pater der Ikonenmalerei hingibt.

„Eine Ikone will den Betrachter mit einer Wirklichkeit in Verbindung bringen, die eigentlich gar nicht darstellbar ist. Sie soll zeigen, dass es noch etwas anderes gibt, etwas über die alltägliche Wahrnehmung hinaus. Obwohl ich die Bilder gemalt habe, sind sie doch auch immer das künstlerische Werk eines anderen. Ikonenmalerei ist mehr als eine rein künstlerische Tätigkeit, sie stellt eine Verbindung zu einer anderen Wirklichkeit dar“, schildert Pater Franz seine Begrifflichkeit des Malens.

Auf den ersten Blick wirkt die Kunst der Ostkirche, die Ikonenmalerei, eher naiv. Doch hinter dieser vermeintlichen Naivität verbirgt sich ein komplexes theologisches Konzept. Ikonen werden als Verbindungen zwischen dem irdischen und dem himmlischen Reich angesehen, als Fenster zum Himmel. Seit Jahrhunderten üben sich Maler in der Kunst der Ikonenmalerei, die mit ihren Goldverzierungen eine spezielle Technik verlangt.

Pater Franz erklärt in seiner ruhigen Art die verschiedenen Arbeitsschritte, die bis zur fertigen Ikone immer in der gleichen Reihenfolge zu tätigen sind. Die handwerkliche Arbeit beginnt mit einem Brett. Auf dieses Brett wird eine Grundierung aus Champagnerkreide, gebunden mit Knochenleim (Glutinleim), in 12 – 15 dünnen Schichten aufgetrage und diese dann nach dem gründlichen Durchtrocknen ganz und gar glatt poliert. Dann wird eine Vorlage der zu malenden Ikone zunächst in Umrissen auf Transparentpapier gezeichnet. Diese erste Vorzeichnung muss dann durch Kopieren auf ein zu der Holztafel passendes Format gebracht werden, um anschließend die Zeichnung zu übertragen: die Umrisslinien der Figuren, Schattenlinien, Augenbrauen, Nasenlinie, den Mund mit der Mittellinie des Lippenspalts und der Unterlippe, Pupille und Iris bei den größeren Köpfen. Dazu wird die Rückseite des Transparentpapiers mit Englischrot-Pulver bestäubt und durch kräftig aufdrückendes Nachziehen der Linien die Vorzeichnung auf die grundierte Holzplatte übertragen.

Gold, das die himmlischen Sphären symbolisiert, will besonders sorgfältig aufgelegt sein. Die zu vergoldenden Teile werden zunächst mit einer Kaseinemulsion  bestrichen, glattgeschliffen und mit Schelllack verschlossen. Dann können sie mit Blattgold belegt werden. Man erzielt damit saubere, matt glänzende Vergoldungen. Nun werden die Farben aufgetragen. Für die Herstellung der Farben benützt Pater Franz Pulverpigmente, die mit einer Ei-Emulsion gebunden werden. Dabei entsteht die Leuchtkraft von Ikonen durch die Regel, dass zunächst die dunkelsten Teile aufgetragen werden und danach in mehreren einzelnen Schritten nach und nach die helleren Farben darüber gelegt, bis hin zu den Lichtpunkten auf Gewändern, Gesichtern, Felsen usw.

„Ikonen wollen eine Botschaft vermitteln, und diese Botschaft soll verstanden werden können. Und das, was verstanden werden soll, muss auch das Richtige sein. Deshalb sind lkonen nicht beliebig malbar. Sie sind nicht Ausdruck der persönlichen Empfindung eines Künstlers, sondern eine Mitteilung über die religiösen Erfahrungen aller Gläubigen und für alle Gläubigen. Sie müssen sich daher an bestimmte Regeln halten, so dass sie von allen Gläubigen verstanden werden können. Der Maler begibt sich bewusst in ein seit dem 6. Jahrhundert bestehendes Regelsystem, welchem er sich unterordnet, denn er verkündet nicht sich selber, sondern die allen Gläubigen gemeinsame Erfahrung mit Gott und seinen Heiligen und mit ihrem Leben aus dem Glauben“, erklärt Pater Franz. Im Sommer dieses Jahres wird Pater Franz eine Ausstellung im Ludmillenhof mit seinen Ikonen gestalten.

Text/Foto: Ingrid Cloppenburg

 

Pater Franz fertigt derzeit in seiner Werkstatt auf Schloss Clemenswerth eine Ikone an.

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