Deftige Barockmusik im Rathaus
9. Mai 2016Vokalensemble um Lydia Benninger-Bredohl beseelte das Publikum
Sögel.- Ein Vokalensemble um Lydia Benninger-Bredohl lud am vergangenem Sonntag zu einem Konzert der ganz besonderen Art ein: angekündigt wurde ein „Ohren-vergnügendes und Gemüth-ergötzendes Tafelkonfekt“ mit Werken von Valentin Rathgeber (1682-1750).
Bekommen haben die Gäste viel mehr als das, ihnen wurde ein Konzert höchsten Ranges geboten, welches sich durch seine Reinheit in der Stimmgebung als auch in der ausdrucksvollen Umsetzung der Texte auszeichnete. Das Konzert war ausverkauft.
Benninger-Bredohl führte kurz in das Programm ein und begann damit einen Spannungsbogen aufzubauen, der sich auch über die Pause hinaus bis zum Schlussakkord hielt. Mit dem Rücken zum Publikum sitzend, nahm sie ihr Ensemble mit auf eine Reise in das 17. Jahrhundert und zeigte auf, dass die verschiedenen Gemüter mit ihren allzumenschlichen Seiten damals wie heute anzutreffen sind. Trotz rückwärtiger Betrachtung konnte das Publikum fast wissen, wie groß die Konzentration und wirkungsvoll der Augenkontakt der Leiterin auf ihr Vokalensemble war.
Die Textverständlichkeit des Chores verschmolz dabei mit dem musikalischen Ausdruck der Werke – jeder Zuhörer wurde, sofern er sich darauf einließ – mitgenommen in die volkstümliche Welt der Menschlichkeit. Ein jeder fand sich wieder in den Geschichten, die die Lieder besangen. Das Ensemble strahlte eine Selbstsicherheit aus, die dem Zuhörer wissen ließ, welch große Vorbereitungsarbeit für dieses Konzert geleistet werden musste. Die Souveränität der Leiterin, der Gesangs-Solisten als auch der Flötistinnen zeigte sich in jedem einzelnen Laut, den das Publikum „wohltemperiert“ zu hören bekam. Dabei wurde ein zusammenhängendes Werk mit hervorragender Intonation und stilsicherem Ausdruck präsentiert.
Im ersten Teil des Konzertes priesen die vorgetragenen Lieder das “Närrisch-Sein“ des Menschen als etwas Köstliches an. Heiteres und Witziges folgte. Der zweite Teil des Konzertes handelte von Trübsal und Trost. Auf Klagelieder, die von den Solistinnen Roxane Jansen und Annika Sewerin stilsicher interpretiert wurden, folgten Trostlieder des Chores.
Im dritten Teil, der von Liebesdingen handelte, ging es zur Sache: da wurde geliebt, verachtet, geklagt und gescholten. Immer köstlich in Musik gesetzt, mal im Chor, mal solistisch, mal mit witzigen instrumentalen Vor- und Zwischenspielen.
Der vierte und letzte Teil zeigte das Allzumenschliche. Der Chor besang die Gier nach Geld, nach Macht, die Eitelkeit. Und am Schluss siegte die reine Lebenslust und Lebensfreude über alles mit dem Stück „Fratres exsultate, was hilft uns traurig sein.“
Die Teile wurden ergänzt durch Instrumentalstücke, z.B. „La Folia“ von A. Corelli. Dieses Stück gehört zur hohen Kunst des Blockflötenspiels. Flötist und Cembalist müssen zu einer Einheit verschmelzen, um die oft abrupt wechselnden Tempi der Variationen zu meistern. Dieses gelang Benninger-Bredohl gemeinsam mit der Flötistin Mechthild Lucks.
In J.S. Bachs erstem Satz der Sonate g-moll für Flöte und obligates Cembalo webten die Flötistin Babette Cramer und die Cembalistin gleichwertig ein je eigenes Muster zu einem überzeugend Ganzen. Bei diesem Stück ist wichtig, dass die Klarheit der komplizierten polyphonen Struktur und die Lebendigkeit des Vortrags eins werden.
Das Ensemble, bestehend aus Getrud und Hermann Brachem, Eckhard Bredohl, Babette Cramer, Roxane Jansen, Marita Kewe, Mechthild Lucks, Richard Pomberg, Annika Sewerin, Silvia Simme, Wilhelm Thieben und Lisa Voß strahlte große Freude an der eigenen Musik aus. Es war jeder Sängerin/jedem Sänger anzusehen, welche große Begeisterung er bzw. sie am gemeinsamen Musizieren hatte. Der Gesamterlös des Konzertes wurde an die „Flüchtlingshilfe der Samtgemeinde Sögel“ gespendet. Lohn genug für das Konzert bekam das Ensemble durch den langanhaltenden begeisterten Beifall. „Mit diesen Klängen im Ohr möchte ich nach Hause gehen, nichts anderes mehr hören und den Abend genießen“, brachte eine Zuhörerin beseelt ihr Empfinden des Konzertes zum Ausdruck.