Viertes Mauergedicht ziert Hausfassade in Sögel

8. Juli 2015

Sögel – Das mittlerweile vierte „Mauergedicht“ ist am Donnerstag in Sögel enthüllt worden. In der Ulmenstraße bei der alten Viehwaage am Heimathaus ist das Gedicht der Jüdin Hilde Domin zu sehen.

Im Rahmen des Projektes „Mauergedichte“ werden in diesem Jahr noch zwei weitere Gedichte an den Häuserfassaden zu finden sein.

„Vor etwa einem Jahr wurde am Haus der Ideengeberin des Projektes Christiane Bangert das erste Gedicht enthüllt. Ein Jahr später dürfen wir heute eine weiteres lyrisches Werk preisgeben, das zur Entstehen der kleinen Sögeler Kunstmeile beiträgt“, sagte Bürgermeisterin Irmgard Welling.

An der einen Seite der Mauer des Hausbesitzers Gerd Schepers stehen nun die Worte: „Nicht müde werden, sondern dem Wunder leise, wie ein Vogel die Hand hinhalten“. Auf der anderen Seite schmückt die hebräische Übersetzung das Mauerwerk.

„Die Zeilen muss man nicht religiös interpretieren, aber man kann es“, sagte Burkhard Becker vom Arbeitskreis „Mauergedichte“. In seiner ganz persönlichen Interpretation des Gedichtes beschrieb er, dass die Menschen nicht müde werden sollen, sondern ihre Hände für ein Wunder offen halten sollen. „Außerdem kann das Wunder mit der Geschichte Noahs in Verbindung gebracht werden, der von Gott den Auftrag bekommen hat, eine Arche zu bauen“, so Becker. Noah habe das Überleben nach der Flut für möglich gehalten und an einer Art Wunder festgehalten.

„Der Regenbogen ist ein Zeichen des Versprechens. Die weiße Taube soll zeigen, dass Leben auf der Erde möglich ist“, erklärte Becker. Mit sanften Linien und Farben ist das Wunder nach den Worten von Becker symbolisch an die Mauer gemalt worden.

Aus der jüdischen Perspektive interpretierte Michael Grünberg, Vorsitzender der jüdischen Gemeinde Osnabrück, das lyrische Werk. „Dem Wunder behutsam die offene Hand hinhalten – das ist nicht einfach, sondern eher unwahrscheinlich“, erklärte Grünberg. Domin nenne hier das Unwahrscheinliche ein Wunder. Menschen dürften sich nach seinen Worten nicht auf das Selbstverständliche verlassen.

Auch hinsichtlich der aktuellen Flüchtlingslage bestehe mehr denn je die Möglichkeit, dass Menschen sich für Andere einsetzten und Wunder bewirken. Unterstützt wird das Projekt seit dem Start im vergangenen Jahr von den Berufsbildenden Schulen in Papenburg, dem A+W Bildungszentrum Sögel sowie der Gemeinde Sögel.

Text/Foto: J. Kempker, Ems-Zeitung

Mitglieder des Arbeitskreises „Mauergedichte“ sowie Vertreter der Gemeinde Sögel und des Arbeit- und Weiterbildungszentrums Sögel enthüllten mit dem Hauseigentümer Gerd Schepers im Beisein von Gästen das vierte Mauergedicht in Sögel in der Ulmenstraße.

 

© 2010 Forum Sögel e. V.
Information | Geschichte | Zukunft