Krieg und Versöhnung

17. Mai 2015

Sögel – Der Barockdichter Friedrich von Logau vermerkt in einem seiner Sinnsprüche „Es mangelt nie Gelegenheit, was Gutes zu verrichten. Es mangelt nie Gelegenheit, was Gutes zu vernichten.“ Dieser Zweizeiler könnte in umgekehrter Reihenfolge das Motto der Ausstellung „Krieg und Versöhnung“ sein. Sie beginnt mit der Darstellung eines friedlichen bäuerlich-bürgerlichen Lebens in Sögel und Umgebung vor dem Zweiten Weltkrieg, birgt aber mit Kriegsgerät und Darstellung des  Arbeitsdienstes auch schon erster Hinweise auf die kommende Katastrophe. Die Judenpogrome in der scheinbar friedvollen Umgebung lassen sich nur als Ouvertüre des folgenden Mordens bezeichnen.

Das eigentlich umfaßbare Leiden in den Kriegsjahren wird begreifbar gemacht, indem es personalisiert ist anhand von Schicksalen namentlich genannter Menschen. Neben der Vernichtung von einzelnen Lebensentwürfen wird die unsägliche Kälte der Vernichtungsmaschinerie von Nazis und Krieg daran dargestellt, daß ein aus der hiesigen Region stammender kriegsversehrter Deserteur noch am 4. 4. 45 erschossen wurde. Dieselbe Menschenverachtung dokumentierte sich darin, daß am 8. 4. 45 im niederländischen Norg 18 Widerstandskämpfer von SD und SS erschossen, besser: ermordet wurden, denn die Tötungen geschahen aus niederen Beweggründen. Fünf Tage später rückten Kanadier in Norg ein.

Ebenfalls am 8. 4. 45 wurde Sögel von Alliierten bombardiert. Zwölf Menschen vom Kleinkind bis zum 70-jährigen starben sofort, einige später. Kurz darauf marschierten kanadische Truppen in Sögel ein. Sie stießen aus einigen Häusern auf Widerstand. Es gab sogar einen völlig sinnlosen deutschen Gegenangriff. Darauf sprengten die Kanadier viele Sögeler Häuser. Bürgermeister Möhlenkamp und Pfarrer Wolters setzten sich für Sögel ein und verhinderten möglicherweise Schlimmeres.

Wohin man auch blickte, das Grauen des Krieges hatte Eigendynamik entwickelt. Täter verübten weitere Taten, der kriegsbedingte Leidensweg vieler Opfer mündete in deren Vernichtung. Die Bilanz des Schreckens wird in der Ausstellung deutlich vor Augen geführt.

Die Ausstellung vermittelt jedoch ebenso Hoffnung. Flüchtlinge und Vertriebene fanden auf dem Hümmling eine neue Heimat. Eine Polin bedankte sich in einem Brief für die menschliche Behandlung ihres bei einem Bauern als Zivilarbeiter beschäftigten Ehemannes. Ehemalige deutsche Kriegsgefangene in sowjetischen Lagern trafen sich auf Initiative eines deutschen Exgefangenen mit russischem Lagerpersonal. Ein französischer Kriegsgefangener, der in Sögel gut behandelt wurde, schnitzte Krippenfiguren und eine Madonna, die heute noch existieren. Ein abgeschossener US-Pilot besuchte Sögel ebenso wie britische Ehepaare und Kanadier, deren Verwandte über dem Hümmling abgeschossen worden waren.

Zu diesen individuellen Versöhnungsgesten gesellt sich in der Ausstellung organisiertes Miteinander: deutsch-französischer Schüleraustausch und Schulpartnerschaften, die freundliche Aufnahme amerikanischer Soldaten, die in Sögel stationiert waren, und vor allem die Partnerschaft zwischen Norg und Sögel.

Versöhnung durch Begegnung und Partnerschaft wird thematisiert, Kenntnis der Geschichte soll in eine bessere Zukunft weisen mit Erinnerung an die Reichspogromnacht in Sögel und Besuch der Synagoge von Osnabrück. Ein Symbol für ein besseres Miteinander ist der Europäische Geschichtsweg in Sögel.

Die Ausstellung wurde von Hermann Wichmann und seinen Helfern in zeitaufwendiger ehrenamtlicher Tätigkeit für das Forum Sögel gestaltet. Sie wurde am 16. 4. 15 eröffnet und ist im Sögeler Rathaus bis in die zweite Junihälfte zu besichtigen.

Text/Bild: UM

    

    

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