Vom Generalbass zum Stabat Mater Passionskonzert vom Kirchenchor St. Jakobus
3. März 2015Sögel – Gespannte Stille im Gotteshaus. Der gemischte Chor ist in Position. Die mit Naturdarmsaiten bespannten Streichinstrumente sind gestimmt. Doch halt – der Konzertmeister ist noch nicht zufrieden. Die Thüringische Geige, gebaut im 18. Jahrhundert von der bekannten Geigenbaufamilie Köllmer, ist noch nicht ganz auf den Kammerton A mit 413 Herz (heutzutage einen Halbton höher mit 440 Herz) eingestimmt –eine kurze Feinstimmung- er nickt , es kann losgehen. Wir befinden uns nicht in der Leipziger Thomaskirche, in der am 25.12.1734 der Musikdirektor der Stadt Leipzig und Thomaskantor Johann Sebastian Bach am Cembalo sitzend eine seiner bedeutendsten Kompositionen, die 1. Kantate „Jauchzet frohlocket“ aus dem Weihnachtsoratorium zur Uraufführung bringt. Es ist die St. Jakobuskirche zu Sögel, in der die historischen Instrumente des Barockorchesters „Concert Royal Köln“ gemeinsam mit dem Kammerchor Emsland dieses große Meisterwerk der geistlichen Barockmusik aufführen. Regionalkantorin Frauke Sparfeldt führt die Musiker sicher und begeisternd durch die festlichen Choräle und anspruchsvollen, hervorragend ausgeführten Solopartien. Die Arien fanden im Barock immer mehr Verwendung, um Dramaturgie herzustellen, die Rezitative, um möglichst viel textliche Aussage zu ermöglichen. Neben den Solisten zeigt der Bass hier, was er kann und soll. Steffen Voss, anerkannter Musikwissenschaftler und bekannter Virtuose auf dem historischen Fagott und sein Kollege Thorsten Drees auf seinem historischen Kontrabass übernehmen (gemeinsam mit Cellisten und dem Organisten an der Truhenorgel)mit ihrem andauernden, weichen Klangfluss quasi den kontinuierlichen Motor der Komposition durch den Generalbass im Barockorchester „Concert Royal Köln“. In einer Zeit, als Clemens August von Bayern, Erzbischof von Köln, sein Geld für Schlösser, Möbel und Pomp ausgibt, unterstützen die Thüringischen Hochwohlgeborenen das Genie J.S. Bach in seiner frühen Schaffenszeit. In dieser Zeit komponierte Bach verstärkt Solo – Orchesterkonzerte („Brandenburgische Konzerte“) und weltliche Kantaten zur Ehre seiner Dienstgeber. Ab 1722 bis zu seinem Tode war Bach Musikdirektor der Stadt Leipzig und Kantor an der Thomaskirche zu Leipzig. Ab da konnte er in den großen und kleinen kirchenmusikalischen Werken, die er im Rahmen seines Dienstes komponierte, seiner tiefen Religiosität Ausdruck verleihen und so viele neue musikalische Akzente setzten. Nicht edles Porzellan wie in den Häusern des Clemens August, sondern der Generalbass sind „das vollkommste Fundament“ ( Zitat J.S. Bach) in Thüringer Adels- und Kirchenhäusern. Ein Jahr nach Baubeginn des Lustschlosses Clemenswerth schrieb Bach 1738 in Leipzig : „ wo dieses (Anmk.: der Generalbass) nicht in Acht genommen wird, da ists keine eigentliche Music, sondern ein teuflisch Geplerr und Geleyer.“ Zu dieser Zeit war Joseph Haydn (1739-1809)mit sechs Jahren als hochbegabter Chorsänger der Wiener Sängerknaben noch eher am Anfang seiner Karriere. Jahre später, als Bach, der damals überregional wenig bekannt war und der Generalbass aus der Mode waren, entwickelte Haydn seinen eigenen Stil (Beginn der Frühklassik), bei dem die Begleitstimmen sich zu eigenständigen melodischen Themen entwickelten, so wie beim 1767 entstandenen „Frühwerk“ Stabat Mater. Ein Jahr, nachdem Haydn 1. Kapellmeister der wohlhabenden Familie Esterházy wurde, in deren Dienst er knapp 30 Jahre stand, und bevor er Jahre später für den österreichischen Kaiser eine Hymne, unsere Nationalhymne, komponierte. Freuen Sie sich auf „ Stabat Mater“ ein Meisterwerk von Joseph Haydn, das der Kirchenchor St. Jakobus am 15.3.2015 um 19.30 Uhr in der St. Jakobuskirche in Sögel unter der Leitung von Frauke Sparfeldt gemeinsam mit dem Orchester Twente und vier Gesangssolisten zur Aufführung bringen wird. Noch arbeitet der Chor an den letzten Feinheiten, aber bis dahin sitzt es – bis zur letzten Fuge. Karten bekommen sie bei Schreibwaren Lübs und Steinbild und im Pfarrbüro St. Jakobus in Sögel.
Text: Hermann Brachem