Geschichtswerkstatt aktuell „Schicksal der jüdischen Bevölkerung von Sögel“

1. Februar 2015

Sögel – Einen Tag vor Beginn der Weihnachtsferien widmeten sich 17 Schüler/innen einer 10. Klasse des Hümmling – Gymnasiums einer besonderen Aufgabe.

Sie schlüpften in die Rolle von Zeitungs-Redakteuren mit dem Ziel, einen Artikel zum Schicksal der jüdischen Bevölkerung von Sögel zu verfassen.

In der Geschichts- und Zukunftswerkstatt erforschten sie an 3 Stationen die Hintergründe des Antisemitismus, die Umsetzung durch die Nationalsozialisten sowie die Schicksale von Einzelpersonen.

An der ersten Station erfuhren sie etwas über die „geistigen Brandstifter“, die weit vor Hitler den Antisemitismus pseudo-wissenschaftlich zu begründen versuchten. Als wesentliche Erkenntnis nahmen sie mit, dass nicht Hitler und die Nazis den ideologischen Antisemitismus entwickelt haben, sondern der Nährboden dafür bereits viel früher bereitet war. Anschließend gingen sie der Frage nach, wie es in einem Land der „Dichter und Denker“ zum Holocaust kommen konnte.

An der zweiten Station verfolgten sie die Entwicklung der Repressalien gegen die jüdische Bevölkerung seit 1933 und stellten fest, dass der Druck von Jahr zu Jahr schärfer wurde.  Als sie sich anschließend das Interview von Louis Grünberg, dem letzten Holocaust-Überlebenden aus Sögel, anhörten, war der Bogen gespannt  zur örtlichen Betroffenheit. Vertieft wurde der regionale Aspekt durch das Video: „Sie waren unsere Nachbarn“, welches die ehemaligen Wohnhäuser mit den Namen der früher dort lebenden, später deportierten und ermordeten Menschen zeigt.

Ganz nach dem didaktischen Ansatz, „Geschichte von unten“ aktiv zu erleben, erhielten die Schüler/innen (Redakteure) Gelegenheit, an der dritten Station Recherchen anzustellen über das Schicksal von jüdischen Mitbürgern aus Sögel. Hierzu nutzten sie ein umfassendes Internet-Angebot, das ihnen viele Fragen beantwortete. Was haben die Personen erleben und erleiden  müssen? Wann und wie wurden sie deportiert?  Was mussten sie durchmachen nach ihrer Ankunft im Ghetto bzw. Lager? Und auch die Frage, was waren das für (Un)Menschen, die Täter?

Natürlich sollten die historischen Erkenntnisgewinne nicht einen Selbstzweck erfüllen, sondern durch eigenständige Bewertung Anregungen geben, welche Schlüsse für heutiges und zukünftiges Verhalten zu ziehen sind. Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Radikalismus: nur einige Stichworte, die den aktuellen Bezug herstellten.

In einer „Redaktionskonferenz“ diskutierten die Schüler/innen nach Abschluss der Recherchen den Inhalt und die Schwerpunkte ihres zu erstellenden Berichts. Die Ergebnisse präsentierten sie dann in einer Zusammenfassung den Mitschülern, der Lehrerin und dem Werkstatt -Team. Letztere waren sich in ihrem Urteil einig. Durch intensive und konzentrierte Arbeit der Schüler/innen hat sich für sie, nicht zuletzt durch den regionalen Bezug, ein neuer Erkenntnishorizont geöffnet, was das Team der Geschichts- und Zukunftswerkstatt ermuntert, in enger Zusammenarbeit mit den Schulen diesen methodisch-didaktischen Weg weiter zu verfolgen.

 

Text: Bernd Eggert / Foto: Gisela Henze

  

 

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