Hümmling-Ausschuss berät mit Universität Oldenburg über Ärztenachwuchs
2. Februar 2014Sögel – „Wir müssen unser Augenmerk verstärkt auf den weiblichen Nachwuchs in der Medizin setzen, um die Grundversorgung im ländlichen Raum mit einem ausreichenden Ärzteangebot sichern zu können.“ Eine von mehreren Thesen von Dr. Bert Albers, Geschäftsführer der medizinischen Fakultät der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Dr. Albers war Gastreferent im Hümmling-Ausschuss des Sögeler Samtgemeinderates unter Vorsitz von Bernd Schmitz.
Albers präsentierte ein Vielzahl von Fakten: Während die Gesamtzahl der Mediziner in den letzten Jahren um 15 Prozent auf gegenwärtig 440.000 gestiegen sei, würden sich immer weniger für den Facharzt für Allgemeinmedizin entscheiden. Deren Zahl sei im gleichen Zeitraum um vier Prozent auf unter 50.000 gesunken. „Angesichts der konstant hohen Zahl der weiblichen Medizinstudenten (bundesweit über 60 Prozent, an der Uni Oldenburg gar über 80 Prozent) werde sich dieser Trend vermutlich fortsetzen. „Viele Absolventinnen fürchten nämlich, als niedergelassene Allgemeinmedizinerin Job und Familie nicht unter einen Hut bringen zu können.“ Der Weg, der dazu in Sögel mit der Sicherstellungspraxis modellhaft erprobt werde, sei ein viel versprechender Ansatz. „Mit Blick auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie werden auch in den Krankenhäusern mittlerweile flexible Arbeitszeitmodelle angeboten.“ Es sei wichtig, dass sich noch mehr Kommunen dazu Gedanken machten, „zumal die Nachfrage nach Gesundheitsdienstleistungen aufgrund der demografischen Entwicklung zweifelsfrei weiter steigen wird.“
Die demografische Entwicklung gehe aber auch an den Medizinern selbst nicht vorbei. Die Anzahl der Ärzte über 50 Lebensjahre sei von 2000 bis 2013 von ehemals 96.000 auf über 140.000 gestiegen. „Und die Politik muss den Hausarztberuf auch finanziell attraktiver machen, weil andere Facharztausbildungen noch immer ein höheres Einkommenspotenzial erschließen.“
Samtgemeindebürgermeister Günter Wigbers unterstrich, dass sich Gemeinde- und Samtgemeinderat Sögel bereits seit drei Jahren intensiv um das Thema Ärztenachwuchs bemühten. Zu den Bausteinen wie Sicherstellungspraxis und Wohnungsbaudarlehn sowie das Knüpfen und Halten von Kontakten zu Studenten solle jetzt mit der Gewährung von Stipendien ein weiterer hinzukommen. Die Details dazu würden gegenwärtig in den Gremien beraten.
„Allein aber werden wir dieses vielschichtige Thema nicht lösen“, so Wigbers. Niedersachsen bilde im Vergleich zu allen anderen Bundesländern am wenigsten Mediziner aus. „In den Bundesländern mit den meisten Studienplätzen gibt es auch die besten Versorgungsgrade.“ Die regionale Versorgung mit Hausärzten stehe insoweit in direktem Zusammenhang mit den medizinischen Ausbildungsstandorten. Die Finanzierung einer Stiftungsprofessur für Allgemeinmedizin an der European Medical School als Kooperation der Universitäten in Oldenburg und Groningen unter anderem durch den Landkreis Emsland sei ein wichtiger Beitrag. „Wir brauchen aber noch deutlich mehr Studienplätze in Niedersachsen; das können die Kommunen nicht allein finanzieren.“
Ausschussvorsitzender Bernd Schmitz formulierte zugleich den Anspruch, den von vielen häufig subjektiv empfunden Nachteil, in einer ländlichen Region beruflich tätig zu sein, zu dem objektiv vorteilhaften Kriterium zu verhelfen. „Gerade bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf haben wir deutlich Vorteile, wir müssen sie nur besser herausstellen.“ Und es müsse gelingen, junge Mediziner vor persönliche finanzielle Risiken durch Kassenregresse zu schützen. „Das ist ein Thema, dass wir sehr zeitnah überall platzieren müssen.“
Text: Ingrid Cloppenburg