Thora aus der ehemaligen Synagoge Sögel

21. Dezember 2013

Rat der Gemeinde Sögel besuchte jüdische Gemeinde in Osnabrück

Sögel – In der Reichspogromnacht wurde auch die jüdische Synagoge in Sögel vom Naziregime zerstört. Ein wichtiges Relikt konnte damals gerettet werden. Ein Nachbar hatte unbemerkt die Thora aus der Synagoge geholt und bei sich im Haus verwahrt. Später händigte er die Thora an die Überlebenden des Holocausts der Familie Grünberg aus. Diese ist jetzt untergebracht im Schrein der Synagoge in Osnabrück.

Auf Einladung des 1. Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde Osnabrück, Michael Grünberg, war der Rat der Gemeinde Sögel jetzt in Osnabrück zu Gast und durfte sich die ehemalige Sögeler Thora ansehen. „Die Thora, die hebräische Bibel, ist für Juden das Buch der Bücher“, so Grünberg. „Sie ist in hebräischen Buchstaben ohne Vokale geschrieben und umfasst die fünf Bücher Mose mit den 613 Vorschriften (248 Gebote und 365 Verbote)“, erklärte er weiter. „Den einzelnen Wörtern und Buchstaben der Thora liegt ein komplexes, aber klar strukturiertes System zu Grunde. Deshalb existiert das ungeschriebene Gesetz, dass beim Kopieren der Thorarolle kein Buchstabe – auch wenn er falsch, zu klein oder zu groß geschrieben ist, verändert werden darf. Der Text wird auf handgefertigtem Pergament aus der Haut reiner Tiere geschrieben. Zum Schreiben werden Gänsekiele und reine Tinte verwendet. Die Thorarolle ist auf zwei Holzstäbe aufgewickelt.“

Zum jüdischen Leben in Osnabrück berichtete er: „Bis zur Wiedervereinigung Deutschlands hatten etwa 90 Juden ihren Wohnsitz in Osnabrück. Nach dem Zuzug von Kontingentflüchtlingen aus den Staaten der ehemaligen Sowjetunion umfasste die jüdische Gemeinde im Jahr 2005 etwa 1.544 Mitglieder. Die jüdische Gemeinde verfügt seit 1969 über ein Kulturzentrum mit Synagoge in der Straße „In der Barlage“. Hier wurde mit dem Einbringen der Thora-Rollen und einem großen Festakt im Februar 2010 die neue Synagoge der jüdischen Gemeinde übergeben.“ Die Errichtung des neuen Gotteshauses mit angeschlossenem Gemeindezentrum war nötig geworden, so Grünberg, weil es in dem Altbau zu klein geworden war. Die neue Synagoge bietet einen erweiterbaren Raum für bis zu 300 Gottesdienstbesucher. Zuvor konnten höchstens 100 Menschen an den Gottesdiensten teilnehmen, so Grünberg. Statt wie früher über einen Hof, ist das Gemeindezentrum nun direkt von der Straße aus zugänglich. Ein neuer halbkreisförmiger Umgang mit Büros und anderen Gemeinderäumen umschließt den eigentlichen Synagogenbau auf der Ostseite. Den sechseckigen Synagogenraum erweiterte man nach Westen, wo hinter einem Foyer der Gemeindesaal anschließt. Die Ausstattung wurde neu gestaltet, dunkles Holz kontrastiert mit weißen Wänden. Lediglich das „Ewige Licht“, das als ein leuchtender Kristall über dem alten Thoraschrein angebracht war, wurde übernommen.

Der Rat der Gemeinde Sögel zeigte sich sehr beeindruckt. Weiterhin durfte er die im Keller eingelassene Mikwe (rituelles Tauchbad) in Augenschein nehmen und die im Kulturzentrum befindliche Ausstellung über das Judentum ansehen. Bürgermeisterin Irmgard Welling bedankte sich bei Grünberg für den Empfang. Sie kündigte an, den Bürgerinnen und Bürgern der Gemeinde Sögel ebenfalls eine Besuchsfahrt nach Osnabrück zur Synagoge zu ermöglichen. „Das hier dürfte viele Sögeler interessieren.“

Text/Foto: Ingrid Cloppenburg

 

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