Weltweit neues Therapieverfahren in der Rhizarthrosebehandlung

1. April 2013

Sögel – Sylvia Boll, Floristin aus Rütenbrock,  be­merkte seit Mai 2009 bei jeder Daumenbewegung der linken Hand einen Schmerz im Bereich des Daumen-sattelgelenkes, der sie an Zahnschmerzen erinnerte. Sie wurde in der Folge mit Medikamenten und  verschiedenen Daumenorthesen behandelt. Aufgrund der stetig zunehmenden Schmerzen musste sie ihren erlernten Beruf aufgeben.

Frau Boll wusste zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass sie an einer beginnenden Rhizarthrose litt.

Bei dieser Erkrankung handelt es sich  um eine zunehmende Zerstörung der Gelenkflächen  des Daumensattelgelenkes. Diese Krankheit tritt in vier Stadien auf. Sie ist verbunden mit einer zunehmenden Zerstörung des Bandapparates und Luxation des Sattelgelenkes.

Die medikamentöse Therapie und die ruhigstellende Versorgung  mit Rhizarthroseorthesen oder -bandagen ist bei  leichteren Formen der Rhizarthrose  weltweit therapeutischer  Standard. Hinzu kommt noch die Ergo- und die Physiotherapie. Bei den Stadien drei und vier wird die operative Versorgung des arthrotischen Daumensattelgelenkes mit Implantaten von Sattelgelenkprothesen bis hin zur Versteifung des Sattel- und Daumengrundgelenkes angewandt.

2010 nahm Frau Dr. med. Christine Meyer die Tätigkeit als Handchirurgin und chirurgische Oberärztin im Hümmling Krankenhaus in Sögel auf.

In der handchirurgischen Sprechstunde im MVZ des Hümmling Krankenhauses fiel Frau Dr. Meyer bei der Behandlung von Rhizarthrosen Grad 2 und 3 folgendes auf, dass vornehmlich Frauen nach der Menopause und vereinzelt auch ältere Männer  an den gleichen Beschwerden wie Frau Boll litten.

Diese Patienten waren unzufrieden mit den bisherigen anderweitig durchgeführten Versorgungen, da die vorgefertigten Bandagen und Or­thesen auf Dauer keinerlei Schmerzlinderung brachten. Im Gegenteil, die Rhizarthrosen  entwickelten sich zu einer zunehmend schmerzhafteren Ausprägung. Diese Patientenangaben konnte in jedem einzelnen Fall klinisch und radiologisch nachgewiesen werden. Zudem war ein Teil der Patienten nicht bereit, sich operieren zu lassen.

Gemeinsam suchten Frau Dr. Meyer und  Herr Orthopädie – Mechanikermeister Seidel von der Firma Sögeler Orthopädie Technik  eine  konservative Lösung für das Problem. Die biodynamische Lösung bestand in der Extension. Dies bedeutet, dass ein Zug an der Daumenspitze den Druck vom Daumensattelgelenk nimmt. Leider ist eine Orthese, die diese Extension durch einen Zug am Ende des Daumens bewirkt, nicht wirklich praktikabel.

So fand Meister Herbert Seidel die Lösung: Wenn man nicht ziehen kann, dann muss die  Orthese schieben!

Seidel nahm einen individuellen Gipsabdruck, bei dem ein definierter Druck auf die Basis des Mittelhandknochen ausgeübt wird. Rund um dieses Gipsmodell wurde eine zirkuläre Orthese im Bereich  der Mittelhand und des Daumens aus dünnem, perforierten Niedertemperatur – Thermoplast tiefgezogen. Anschließend fertigte er eine spezielle Pelotte für das Sattelgelenk an, welche bei der Anprobe in die Orthese integriert wurde.

So brachte bereits die erste  Versorgung 2010  das gewünschte Ergebnis! Der Patient war sofort schmerzfrei!

Innerhalb der letzten 2 Jahre wurde an die hundert Versorgungen für Personen aus allen Be­rufsgruppen – vom Schlosser über Reinigungskräfte, Verkäuferinnen, Verwaltungsangestellte, Hausfrauen, Krankenschwestern sowie Rentnern – erfolgreich durchgeführt.

Die anfallenden Kosten wurden durch die bisher angesprochenen  Krankenkassen übernommen. Für eine Vielzahl von Patienten konnte durch diese  ein- oder auch doppelseitige Orthesenversorgung äußerst wirtschaftlich und preiswert durchgeführt werden. In vielen Fällen konnte  die Arbeitsfähigkeit erhalten werden.

Seit etwa einem dreiviertel Jahr berichte­ten einige der zuerst versorgten Patientinnen, dass sie mittlerweile auch ohne die Rhizarthrose Extensions Orthese schmerzfrei sei­en. Frau Dr. Meyer stellte fest, dass sich im Sattelgelenk aufgrund der Druckentlastung und Be­wegung eine Art neues Gelenkinnen­gewebe gebildet haben musste. Bei ca. 90% der Patienten konnte eine Schmerzfreiheit oder zumindest Schmerzlinderung erreicht werden. Lediglich etwa 10 % der mit der neuen Therapie behandelten  Patienten brachen die Behandlung ab oder wurden operiert.

Der bemerkenswerte Erfolg dieser Therapieform veranlasste  die SOT Anfang Oktober dieses Jahres  einen Gebrauchsmusterschutz beim Deutschen Patent und Marken Amt in München für diese bisher weltweit unbekannte Rhizarthrose Extensions Orthese zu beantragten.

Bei der Recherche stellte Seidel fest, dass dieses Produkt  weder zu googeln, noch in europäischen oder amerikanischen Patentschriften zu finden ist. Die Entwicklung dieser gemeinsamen Therapieform durch Frau Dr. Meyer und Meister Seidel stellt also eine Weltneuheit zum Wohle der Patienten dar.

Frau Boll wurde vor im Oktober diesen Jahres von ihrem Hausarzt auf diese neue Therapieform aufmerksam gemacht und erhielt im November die für sie angefertigte blaue Rhizartrose Extensions Orthese. Die Patientin nahm – wie alle anderen bisher versorgten Personen – die fünf wichtigen Nachsorgetermine innerhalb der ersten vier Wochen wahr und fuhr jedes Mal von Rütenbrock zur SOT nach Sögel.

Sylvia  Boll  stellte sich heute  in der handchirurgischen Sprechstunde von Frau Dr. Meyer vor. Sie kann ihre Arbeit als Tankstellenmitarbeiterin wieder  schmerzfrei ausüben und ist überglücklich.

Die SOT GmbH in Sögel erhielt ebenfalls heute die Urkunde über die Eintragung der Rhizarthrose Extensions Orthese in die Liste der Gebrauchsmuster beim Deutschen Patent- und Markenamt in München. Das bedeutet, dass diese Orthese zunächst  ausschließlich durch die SOT angefertigt werden darf.

Mittlerweile verordnen auch andere Handchirurgen und Orthopäden die Rhizarthrose Patienten mit Stadium 2 und 3 eine Rhizarthrose Extensions Orthese und verweisen diese an die SOT. Sie weisen auf die Wichtigkeit der nach diesem Therapiesystem erforderlichen Nachsorgeterminen in Sögel hin.

Orthopädietechnische Fachbetriebe, deren Mitarbeiter in der Versorgung von handchirurgischen Patienten tätig sind, werden nach der Teilnahme an einem Seminar diese Rhizarthrose Extensions Orthese ab Sommer 2013  ebenfalls in Lizenz fertigen dürfen .

Text/Foto: Herbert Seidel

Sylvia Boll stellte sich in der handchirurgischen Sprechstunde von Frau Dr. Meyer vor.

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