Die Strecke zum Münsteraner Schloss, in dem ich einige Vorlesungen höre, war im November geschmückt mit Werbeplakaten für das Studierendenparlament der Universität. Die Hochschulgruppen der großen politischen Parteien trugen mit ihren Themen entweder ziemlich dick auf oder hatten stark abgespeckt.

CampusGrün hob auf die Zivilklausel ab, die bereits an einigen Hochschulen existiert und Forschung zu militärischen Zwecken verbietet, und ließ auf einem seiner Wahlplakate Panzer vor dem Schloss aufrollen und Bomber darüber fliegen. Auch die JusoHSG mühte sich um harte Fakten und zeigte unter anderem einen Studenten in einer Abstellkammer mit dem Slogan „Für ausreichend Wohnraum“.

Die Liberale Hochschulgruppe dagegen versuchte, mit beinahe an Selbstironie grenzender „liberaler Programmatik“ Wählerstimmen zu gewinnen. Gnadenloser und egoistischer Individualismus fand seinen Ausdruck in der Forderung nach einer „24-Stunden-7-Tage-die-Woche“ geöffneten Universitäts- und Landesbibliothek auf einem Plakat, das einen „Bibliotheksmitarbeiter“ zeigt, der einen „Studenten“ am Kragen packt, ihn aus dem Bibliotheksgebäude wirft und ihn so zum Opfer einer bildungsfeindlichen akademischen Institution macht.

Auf die Spitze trieb es der Ring Christlich-Demokratischer Studierender, der mit Welpen warb und auf seinen Wahlplakaten fast gänzlich auf Inhalte verzichtete. Zu meiner Unterhaltung sorgte jemand nachträglich für eine Parole und ließ den niedlichen Hundewelpen sagen: „Sonntags bringe ich dem Prof die Zeitung.“

Bei genauerem Hinsehen und Recherche im Internet konnte ich zwar bei jeder Gruppierung mehr oder weniger stark ausgeprägt eine differenziertere Auseinandersetzung mit konkreten studentischen Anliegen wie zum Beispiel der Wohnraumknappheit entdecken. Doch der Wahlkampf schwankte zwischen Über-Inszenierung und Belanglosigkeit – wenngleich er mir manches Lachen entlockte und mich trotz allem zur Wahrnehmung meines studentischen Rechtes auf Wahlbeteiligung animierte.

Text/ Foto: Josef Becker, Münster