Auf neuen Wegen zum „ganzen Leben“

1. November 2012

Obwohl ich zugegebenermaßen den Verlockungen der Heimatnähe in den vergangenen Monaten oft nachgab, versuchte ich doch, auch in Münster Fuß zu fassen und heimisch zu werden. Wenige Wochen nach meinem Umzug wurde ich Mitglied der Christlichen ArbeiterInnenJugend (CAJ) – und zwar nicht in meinem Heimatbistum Osnabrück, sondern eben in der Diözese Münster. Sofort freundlich aufgenommen, erhielt ich im September die einmalige und eindrucksvolle Chance, CAJ-Arbeit kennenzulernen. Vorher war mir zwar die CAJ ein Begriff, aber weder kannte ich ein aktives Mitglied noch konnte ich mir ein Bild von der inhaltlichen Arbeit machen.

Der VI. Bundeskongress der CAJ in Essen war also eine willkommene Gelegenheit und ein schöner Auftakt meiner Verbandsarbeit. Über 100 Delegierte aus ganz Deutschland versammelten sich im Essener Stadtteil Werden, um auf dem nur alle 10 Jahre stattfindenden Ereignis unter dem Motto „Her mit dem ganzen Leben!“ über die Themen zu diskutieren, die sie in ihrem Leben bewegen. Zu übergeordneten Fragen zu Bildung, Arbeit oder Sozialschutz wurde in einer 24-Stunden-Aktion diskutiert und an Lösungsansätzen gearbeitet. Mit prägnanten Thesen ging es dann zum Abschluss des inhaltlichen Teils in eine Podiumsdiskussion, an der unter anderem auch Franz Grave, Weihbischof em. des Bistums Essen  und Sylvia Löhrmann, Kultusministerin in Nordrhein-Westfalen, teilnahmen.

Beinahe noch mehr als die engagierten Auseinandersetzungen mit sozialpolitischen Streitfragen um Ausbildungsplätze, gerechte Bezahlung und Unterstützung in Übergangsphasen faszinierte mich aber die selbstbewusste Atmosphäre innerhalb dieses Verbandes, der im Jahr 2012 sein 65-jähriges Bestehen in Deutschland feierte. So durften wir auch einen Mann der ersten Stunde kennen lernen, der nicht nur zahlreiche CAJ-Lieder verfasst, sondern auch eine in beeindruckender Weise mit der CAJ verknüpfte Biographie vorzuweisen hat. Horst Roos fasste sein Leben selbst so zusammen: „Der CAJ verdanke ich alles: meine Arbeit, meinen Glauben – und meine Frau!“

Die Lieder spielten ohnehin eine große Rolle und wurden auch zum Besten gegeben, als wir nachts in der Kneipe „Alt-Werden“ alt wurden. Nebenbei lernte ich an diesem und den anderen Abenden viele politisch und sozial bewusste junge Menschen kennen, darunter auch einige Emsländer, die bei aller Ernsthaftigkeit in der Sache vor allem auch Zuversicht ausstrahlten, was in dieser Zeit nicht selbstverständlich ist.

Text: Josef Becker, Münster

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