Geschichte hautnah – Freizeit 30+ besucht Gedenkstätte Esterwegen
1. September 2012Statt der gewohnten Heiterkeit und Ausgelassenheit herrschten am 31. Juli 2012 betroffenes Schweigen und andächtige Stille bei der Freizeit 30+ im Marstall Clemenswerth. Das diesjährige Motto „Reise durch die Zeit“ hatte die Teilnehmenden zum dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte geführt: der Herrschaft der Nationalsozialisten.
Einem kurzen historischen Einstieg folgte der Film „Ich wollte noch einmal die Sonne sehen“, in dem die in Lathen lebende Erna de Vries ihre Erlebnisse als Tochter einer Jüdin und eines Protestanten im nationalsozialistischen Deutschland schildert. Gebannt lauschten die Teilnehmenden den Worten der gebürtigen Pfälzerin, die aufgrund ihrer Abstammung im Konzentrationslager Ravensbrück und im Vernichtungslager Auschwitz inhaftiert worden war.
„Das war ganz schön hart.“, meinte auch Marcus Kannapee, der zum ersten Mal bei einer Freizeit dabei war. Von seinem Großvater und seinem Großonkel habe er schon viel vom Krieg und der Nazi-Herrschaft gehört, aber Erna de Vries habe ihm noch einmal eine besonders eindrückliche Perspektive geschildert. „Das wäre schön, wenn wir sie in Esterwegen treffen könnten.“ Sein Wunsch ließ sich leider nicht erfüllen, aber die Gedenkstätte Esterwegen hinterließ dennoch einen tiefen Eindruck. Ohne Scheu und dennoch mit Respekt und Anteilnahme erkundeten die Teilnehmenden die Ausstellungsräume, in denen es viel auszuprobieren gab. Interviews mit Zeitzeugen oder die Porträts einiger Inhaftierter machten die Ausstellung anschaulich. Jugendbildungsreferent Peter Meiners zeigte sich angesichts der gesammelten Eindrücke zufrieden. Er habe vor dem Besuch zwar keine Bedenken gehabt, doch sei es schön zu sehen, dass Erinnerungskultur bei aller Unterschiedlichkeit jedem Menschen zugänglich sei.
Fesselnd war zum Abschluss des Ausfluges der Besuch des angrenzenden Konvents der Franziskanerinnen. Schwester Hyacinthia führte mit viel Feingefühl und Hochachtung durch die Räumlichkeiten des Klosters, die ganz im Zeichen des Gedenkens derer stehen, die in den Emslandlagern inhaftiert waren und zugleich daran erinnern sollen, dass ein friedliches und freundschaftliches Zusammenleben auch heute nicht selbstverständlich ist.
Text/Fotos: Josef Becker