Gedenkfeier
1. Dezember 2011Verlegung von Stolpersteinen
Zur Erinnerung an die Reichspogromnacht am 9. November 1938, in der die Nationalsozialisten zahlreiche jüdische Geschäfte und Synagogen in Brand setzten, hat in Sögel eine Gedenkfeiern für die deportierten und getöteten Juden stattgefunden.
Die Gemeinde Sögel hatte diesen besonderen Tag zum Anlass genommen, durch den Künstler Gunter Demnig zehn sogenannte „Stolpersteine“ verlegen zu lassen. Die Steine mit Messingbeschlag werden in das Pflaster vor dem letzten bekannten Wohnort der getöteten Juden verlegt. Auf ihm verzeichnet ist der Name, Geburtstag und, soweit bekannt, das Todesdatum und der -ort. Die Stolpersteine wurden vor dem ehemaligen Haus von Bertha und Else Jacobs verlegt, zudem vor dem Haus von Walter, Rosa, Ludwig und Gottfried Grünberg sowie von Isidor, Helene, Helga und Heinz Grünberg. Weitere Steine sollen in den kommenden Jahren folgen. Laut Demnig sollen die Steine im Boden die Menschen dazu bewegen, stehen zu bleiben, sich zu bücken, um sich damit symbolisch vor den getöteten Menschen zu verbeugen. Mitgestaltet wurde die Gedenkfeier von Schülern der Schule am Schloss und des Hümmling-Gymnasiums, die Musikstücke spielten und die Biografien der Getöteten, soweit bekannt, vorlasen.
Besonders emotional wurde die Feier durch die Anwesenheit der Angehörigen einiger getöteter Sögeler Juden. So konnte auch Bürgermeisterin Irmgard Welling ihre Tränen bei ihrer Ansprache kaum unterdrücken. Der Weg in eine friedvolle Zukunft könne nur gegangen werden, wenn die Erinnerung wachgehalten und an die junge Generation weitergegeben werde. Besonders lobte sie die beteiligten Schüler, die so den gedemütigten Opfern ihre Namen zurückgegeben hätten. Abschließend forderte sie alle Anwesenden dazu auf, die Gedenkstätte in Esterwegen zu besuchen, die ebenfalls einen Beitrag dazu leiste, die Erinnerung zu bewahren.
Das letzte Wort hatte die Sögelerin Grete Ahrens, die in den 30er-Jahren mit ihren Eltern hinter der Synagoge lebte und deren Familie mit der Familie Grünberg befreundet war. Unter Tränen beschrieb sie das freundschaftliche Zusammenleben von Christen und Juden in Sögel, bis die Nationalsozialisten alles verändert hätten. „Aus Freundschaft wurde Feindschaft“, erzählte sie. Als die Nazis die Synagoge in Brand gesetzt hätten, habe ihr Vater noch Gelegenheit gehabt, die Thorarolle der Synagoge zu retten. Heute ist sie in der Osnabrücker Synagoge ausgestellt. Ahrens freute sich besonders über die Anwesenheit der Angehörigen. Dies sei ein Zeichen von Versöhnung. Luis Grünberg, der nach dem Krieg nach Sögel zurückkehrte, habe ihr anvertraut: „Ich habe nichts vergessen, aber allen verziehen.“ Das würde sie ihm noch heute hoch anrechnen.