On the road again…
1. Oktober 2011650 Kilometer – das ist die Entfernung zwischen Tübingen und Sögel. In der Praxis bedeutet das ziemlich lange Reisen, wenn man Familie und Freunde in der Heimat besuchen will. Anfangs reiste ich noch mit der Bahn, doch auf Dauer belastet das Zugfahren den Geldbeutel und kann außerdem ziemlich monoton und einsilbig sein.
Glücklicherweise gibt es eine Alternative, die nicht nur einen finanziellen Vorteil bietet. Im Internetportal „mitfahrgelegenheit.de“ bieten Fahrer Plätze in ihren Autos an, so dass man günstig und bei guter Verkehrslage auch sehr schnell reisen kann. Nebenbei fährt man in netter Gesellschaft und begegnet sehr unterschiedlichen und interessanten Persönlichkeiten.
Vor einigen Wochen durfte ich in einer Mercedes-C-Klasse, die in voller Ausstattung ungefähr 75.000 € kostet, Platz nehmen, da die Fahrerin Ingenieurin im Mercedes-Werk im nahe gelegenen Böblingen war. Ein besonderes Schmankerl war der als Beifahrersitz getarnte Massagesessel, der mir eine sehr entspannende Fahrt bescherte.
Im krassen Gegensatz dazu steht meine sechseinhalbstündige Tortur auf der Rückbank eines VW Polo. Während ich also menschliches Tetris spielte, erhielt ich nebenbei eine sehr unterhaltsame Einführung in die Eigenarten schwäbischer Unternehmer, die für die Zukunft ganz nützlich sein könnte…
Ein anderes Mal diskutierte ich leidenschaftlich mit einem Mitfahrer über Fußball und das Freud und Leid eines glühenden Fans. Er als Dortmund-Fan und ich als Freund des FC Bayern München hatten uns sehr viel aus sehr verschiedenen Sichtweisen zu erzählen. Bei aller Emotion konnten wir uns augenzwinkernd kuriose Stadionerlebnisse berichten. So hatte mein schwäbischer Begleiter bei seinem ersten Besuch im Westfalen-Stadion feststellen müssen, dass die traditionelle schwäbische Rote Wurst wohl nicht zum kulinarischen Standardrepertoire der Ruhrgebietsmetropole gehört.
Doch auf den Autobahnen zwischen Tübingen und Sögel ist auch Platz für tiefergehende Gespräche, obwohl man meistens doch nur Gefährte für wenige Stunden ist. Einmal nahmen mich zwei Bundeswehrsoldaten mit, die von Auslandseinsätzen berichteten, welche sie unter anderem auch nach Afghanistan führten. Es war zugleich interessant und beklemmend, dem Erfahrungsaustausch zu lauschen.
Im großen und ganzen wird es auf jeden Fall nie langweilig und manchmal frage ich mich auch, ob meine Mitfahrer an diese eine Autofahrt zurückdenken, die für mich jeweils immer etwas Besonderes ist.
Text: Josef Becker, Tübingen