Als Nordlicht in Schwaben
1. Juni 2011Der Tag das Aufbruchs gen Schwaben ist bestimmt von einem mit jedem Kilometer wachsenden Gefühl der Freiheit. Nun geht es also in die weltbekannte Universitätsstadt Tübingen, um das Studium der Katholischen Theologie aufzunehmen.
Die Tage vor dem Umzug sind geprägt von vielen Abschieden, unter anderem auch von der Redaktion der „Informationen für Sögel und Umgebung“, der ich seit August 2008 als freier Mitarbeiter angehört habe.
Während der Fahrt in das neue Leben fernab der emsländischen Heimat, schießen mir viele Gedanken durch den Kopf. Was erwartet mich in meinem Zimmer im Carl-Sonnenschein-Studentenwohnheim? Wie ist die Mentalität der Menschen? Wie werde ich als Norddeutscher aufgenommen?
Doch all meine Sorgen sind unbegründet. Meine Mitbewohner und Studienkollegen begegnen mir sehr aufgeschlossen und sind vor allem an einer Frage interessiert: „Was verschlägt dich als Nordlicht ausgerechnet nach Schwaben?“
Diese Frage ist zugegebenermaßen berechtigt, da es in der Umgebung Sögels ja zahlreiche Universitäten gibt. Doch jedes Mal, wenn ich durch die Altstadt Tübingen schlendere, den vielen jungen Menschen begegne und ich die Atmosphäre dieser Studentenstadt auf mich wirken lasse, verfestigt sich das Gefühl der Gewissheit, dass es richtig war, den Schritt in die Ferne gewagt zu haben und meinen Horizont zu erweitern.
Und falls doch einmal ein Anflug von Heimweh aufkommt, dann tröstet mich das herzliche „Moin“, das mir seit den ersten Tagen begegnet, sobald mich jemand als Norddeutschen identifiziert.
Eine nähere Beschreibung meiner Herkunft stellt sich allerdings oft als schwieriger dar. „Woher kommst du?“ „Aus Sögel.“ „Aha. Und wo ist das genau?“ „Im Emsland.“ „Ach so. Und das ist…?“ „Das ist in Niedersachsen zwischen Münster und Bremen.“ So oder so ähnlich lauten die meisten Dialoge, wenn es um meinen Heimatort geht, was aber zunächst einmal nicht weiter schlimm ist, da man so leicht ins Gespräch kommt und gleichzeitig das Emsland ein bisschen in den Süden trägt.
Josef Becker lebt und studiert seit April 2011 in der schwäbischen Universitätsstadt Tübingen, die rund 40 Kilometer südlich von Stuttgart liegt. Seine Erfahrungen als Emsländer in Süddeutschland werden regelmäßig in einer Kolumne erscheinen.